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Antibiotikaresistenzen stellen weltweit sowohl in der Human- als auch der Veterinärmedizin ein ständig größer werdendes Problem dar. Bei der Resistenzentwicklung von Enterobacteriaceae gegen Beta-Laktam Antibiotika spielen die Plasmid-vermittelten Beta-Laktamasen eine entscheidende Rolle. Die Produktion von Beta-Laktamasen als Beta-Laktam-Ring spaltende Hydrolasen und die damit verbundene enzymatische Inaktivierung von Beta-Laktam-Antibiotika ist einer der am weitesten verbreiteten Resistenzmechanismen bei Bakterien. Durch die sogenannten Extended-Spectrum-Beta-Laktamasen (ESBL) wird die Effektivität von modernen extended-spectrum Cephalosporinen und Monobactamen dramatisch reduziert. Seit Jahren werden weltweit steigende Nachweise von ESBLs beschrieben. Studien berichten von ESBL-produzierenden E. coli und auch anderen Enterobakterien in gesunden Lebensmittel liefernden Tieren in Europa, unter anderem auch bei gesunden Masthähnchen. Aber auch in Endprodukten und Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch und Rohmilch können die resistenten Bakterien nachgewiesen werden. Aufgrund der zum Vorkommen und zur Verbreitung von „ESBLs/AmpCs“ bei Mensch, Tier und Lebensmitteln, in Deutschland dürftigen Datenlage, wurde das Verbundprojekt RESET, finanziert aus Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung, ins Leben gerufen. Hier wurden (und werden in einer zweiten Förderphase) von Forschergruppen aus Tier- und Humanmedizin umfangreiche Erhebungen durchgeführt. Als Teilaspekt des RESET Verbundes war das übergeordnete Ziel der hier vorgelegten Arbeit, die Untersuchung der Nachweishäufigkeit von ESBL/AmpC - produzierenden E. coli in konventionellen deutschen Masthähnchenbetrieben während des gesamten Mastverlaufes. Vor allem sollten neue Erkenntnisse über die Besiedlungsdynamik der resistenten Bakterien sowie deren Verbreitung im Masthähnchenstall gewonnen werden. Zusätzlich lag der Fokus auf der Untersuchung verschiedenster Transmissionswege ESBL/AmpC-produzierender Enterobakterien, speziell E. coli, aus den Masthähnchenhaltungen heraus in die Umwelt oder umgekehrt. In initialen Untersuchungen wurden 16 Masthähnchenbetriebe auf ihren ESBL/AmpC- Status hin mittels Sockentupferproben, untersucht. Aus diesen 16 Betrieben wurden sieben ESBL/AmpC - positive Masthähnchenhaltungen in die hier beschriebenen Langzeituntersuchungen zur Prävalenz und Transmission der resistenten Mikroorganismen aufgenommen. Zur Ermittlung der Nachweishäufigkeiten von ESBL/AmpC-produzierenden E. coli in den Masthähnchenhaltungen während des Mastverlaufes wurden in jedem Betrieb dreimalig (Beginn, Mitte und Ende der Mast) umfangreiche Messungen und Probenahmen am Tier, der Tierumgebung, der Stallluft und Stallabluft sowie der Stallumgebung durchgeführt. Um die verschiedenen potentiellen Emissionswege ESBL/AmpC-produzierender Enterobakterien, speziell E. coli, aus den Tierhaltungen in die Umwelt hinaus aufzudecken, wurden unter anderem ESBL- produzierende E. coli speziell in der Stallluft sowie in der Stallabluft mittels Impingement bestimmt. Sowohl die Luftproben außerhalb der Masthähnchenställe als auch Proben von Bodenflächen der direkten Stallumgebung wurden dabei, in Abhängigkeit der jeweiligen Windrichtung zum Stallgebäude, entnommen. Zusätzlich konnten Gülleproben direkt aus der Güllelagune entnommen und auf ESBL/AmpC-E. coli untersucht werden. Alle aus diesen Proben mittels Kultivierung auf antibiotikahaltigen Selektivmedien gewonnenen phänotypisch ESBL-verdächtigen Isolate wurden mittels MALDI-TOF als E. coli bestätigt und anschießend mittels PCR als Träger eines ESBL - Gens oder plasmidkodierten AmpC - Gens bestätigt. Darüber hinaus wurden ausgewählte Isolate der Stallumgebung und des Tierstalles mittels Pulsed-Field-Gelelektrophorese (PFGE) auf ihren klonalen Zusammenhang hin untersucht. Als erstes Ergebnis ist hervorzuheben, dass in jedem der untersuchten Ställe zu jedem Untersuchungszeitpunkt in mindestens einer Probe ESBL/AmpC-produzierende E. coli nachgewiesen und deren Resistenzgene mittels PCR identifiziert werden konnten. Dabei konnten die resistenten Mikroorganismen regelmäßig sowohl im Stall, z.B. im Staub oder der Einstreu, als auch auf dem Boden der Stallumgebung und der Gülle, aber auch in der Stallluft sowie Stallabluft nachgewiesen werden. Die Nachweishäufigkeiten bei den Tieren aus jeweils zwanzig Einzeltiertupferproben pro Bestand variierten für ESBL/AmpC - produzierende E. coli zwischen 0% und 100%. Damit erbringen die Ergebnisse dieser Arbeit den Nachweis, dass ESBL/AmpC - produzierende E. coli in Kloakentupfern klinisch gesunder Masthähnchen sowie in deren Stallumgebung regelmäßig vorkommen. Dabei konnten bereits in Eintagsküken hohe Prävalenzen der resistenten Mikroorganismen nachgewiesen werden. Zusätzlich wurde in dieser Arbeit erstmals ein signifikanter Anstieg der Nachweishäufigkeit der resistenten Bakterien im Verlauf der Mastperiode nachgewiesen. Dieser Prävalenzanstieg konnte sowohl in den Einzeltierproben als auch in den Proben der Tierumgebung innerhalb der Mastperiode gezeigt werden. Zudem kann in der vorliegenden Arbeit neben dem möglichen Eintrag der ESBLs/AmpCs über positive Eintagsküken auch ein Einfluss der Tierumgebung auf den ESBL/AmpC - Status der Masthähnchenherde aufgezeigt und belegt werden. Als weiteres Hauptergebnis konnte mit dieser Arbeit die Hypothese des fäkalen sowie aerogenen Austrags von ESBL/AmpC - produzierenden E. coli aus Masthähnchenhaltungen in die Umwelt untermauert werden. Mit Hilfe der PFGE wurden klonale Übereinstimmungen verschiedener Isolate von innen und außen nachgewiesen. So zeigten sich nach Auswertung der Restriktionsprofile 86,3 %ige bis 100 %ige klonale Übereinstimmungen bei Isolaten aus dem Tierstall (Luft und Gülle) verglichen mit denen aus der Stallumgebung. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass sowohl die fäkale als auch die aerogene Emission ESBL/AmpCproduzierender E. coli aus Masthähnchenbetrieben, unter anderem durch das Aufbringen kontaminierter Gülle sowie durch Stallabluft, sehr wahrscheinlich ist. Zugleich kann durch diese Ergebnisse auch ein potentieller Eintrag der resistenten Mikroorganismen über die Luft oder andere Vektoren nicht ausgeschlossen werden.