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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Fragebogenstudie zum Sommerekzem bei Pferden in Deutschland (2015)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Grimm, Tina (WE 17)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2015 — IX, 137 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-663-0
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/10440
    Kontakt
    Pferdeklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62299 / 62300
    pferdeklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Das Sommerekzem des Pferdes ist eine weit verbreitete Erkrankung, welche von hoher wirtschaftlicher und klinischer Bedeutung ist. Ziel dieser Studie war es, in einer rasseübergreifenden, deutschlandweiten Untersuchung neue Daten zum Sommerekzem auf Grundlage epidemiologischer und managementbezogenen Faktoren zu erheben und die bestmögliche Therapiemethode zu erfassen. Dazu wurde innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz eine schriftliche Befragung der Besitzer von Pferden mit Sommerekzem anhand eines Fragebogens durchgeführt. Der Rücklauf auswertbarer Datensätze betrug 404. Mit Hilfe univariater Verfahren wurden dann Faktoren statistisch analysiert, die im Verdacht stehen, Einfluss auf das Auftreten und die Symptomatik des Sommerekzems beim Pferd zu haben. Am häufigsten kamen dabei verteilungsgebundene Prüfverfahren wie der t-Test und der F-Test zum Einsatz. Zusätzlich wurden auch der Chi-Quadrat-Test (χ²-Test) und die Regressionsanalyse angewendet. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigten, dass in der hier untersuchten Studienpopulation von 404 Pferden Wallache mit 51 % im Vergleich zu Stuten und Hengsten sowohl am häufigsten vom Sommerekzem betroffen waren als auch die stärkste Symptomatik aufwiesen (p < 0,02). Das durchschnittliche Erkrankungsalter der Pferde dieser Studie lag bei 5,7 Jahren. Innerhalb der Studienpopulation zeigte sich ein signifikant früherer Erkrankungsbeginn bei Hengsten (um 3,0 Jahre) im Vergleich zu Wallachen (p = 0,019). Wallache erkrankten wiederum signifikant später als Stuten, und zwar um 1,7 Jahre (p = 0,001). Die meisten Pferde der Studie hatten eine dunkle Fellfarben (50,9 %). Auch Füchse waren mit knapp 20 % häufig vertreten. Schimmel und Apfelschimmel erkrankten in der untersuchten Population mit einer signifikant geringeren Symptomatik als Pferde anderer Fellfarben (p < 0,05). Bei Falben und isabellfarbenen Pferden der Studienpopulation zeigte sich dagegen die stärkste klinische Symptomatik des Sommerekzems (p < 0,05). Der größte Anteil der Studienteilnehmer waren Warmblutpferde (69 %), gefolgt von Kaltblutpferden mit 21 % und Vollblütern mit 7 %. Bei der differenzierten Darstellung der Pferderassen bildeten Shetlandponys, Islandpferde und Haflinger als Robustpferderassen mit insgesamt 31,3 % ebenfalls einen großen Anteil der Stichprobe. Die Kaltblüter zeigten in der Studie die schwersten Symptome des Sommerekzems. In dieser Studie bestanden zudem Zusammenhänge zwischen dem Ekzemgrad und dem Weidegang der Pferde. Permanent auf der Weide gehaltene Pferde erkrankten signifikant früher am Sommerekzem als andere Pferde. Die Analyse der Fütterung der Pferde ergab, dass mit Kraftfutter (Hafer und/oder Müsli) gefütterte Pferde ein milderes Krankheitsbild entwickelten als nicht mit Kraftfutter gefütterte Pferde (p= 0,015). Bei der Analyse des Entwurmungsstatus zeigten Pferde, die nicht regelmäßig entwurmt wurden, eine schwerere Symptomatik als Pferde, die einmal im Jahr ein Entwurmungsmittel appliziert bekamen (p < 0,02). Körperregionen, an denen das Sommerekzem seinen Beginn zeigte, waren in der untersuchten Population vorherrschend der Mähnenkamm und der Schweifansatz, gefolgt vom Unterbauch. Trat das Sommerekzem zuerst am Unterbauch auf, war die Symptomatik später schwerwiegender. Die Veränderungen in Haut- und Haarkleid erstreckten sich später bei dem Großteil der Pferde auf den Mähnenkamm (91,3 %) und den Schweifansatz (89,4 %). Erstaunlicherweise waren darüber hinaus bei einer großen Anzahl an Pferden Areale wie das Gesicht (48 %), die Ohren (46,5 %), der Widerrist (33,7 %), der Hals (32,2 %) und die Innenschenkel (23,5 %) betroffen. Zum Zeitpunkt der Studie litten 99 % der Pferde unter Juckreiz, davon 76,5 % mit starker Ausprägung. Zudem traten Symptome wie haarlose Stellen im Fell (87 %) und Schuppenbildung (80 %) auf. Weiterhin konnten sowohl blutige Krusten (74 %) als auch Hautverdickungen (68,1 %) als Zeichen eines chronischen Geschehens festgestellt werden. Hier fiel auf, dass sich mit steigendem Alter der Pferde das Krankheitsbild signifikant verschlechterte. Auch mit zunehmender Erkrankungsdauer verschlimmerte sich die Ausprägung des Sommerekzems deutlich. Des Weiteren wurden im Fragebogen Details zum Kauf betroffener Pferde untersucht. Das Hauptaugenmerk lag hierbei auf der Hautbeschaffenheit zum Zeitpunkt des Kaufs und den Ergebnissen der Kaufuntersuchung. Erstaunlicherweise zeigten 41,4 % der untersuchten Pferde schon zum Zeitpunkt des Kaufs Symptome des Sommerekzems. 32,4 % der Pferde zeigten beim Kauf bereits Juckreiz und 30 % wiesen bereits beim Kauf haarlose Stellen im Haarkleid auf. Pferde, die zum Zeitpunkt des Kaufs bereits eine große Zahl an haarlosen Stellen im Fell aufwiesen erkrankten später signifikant stärker am Sommerekzem als Pferde, die keine oder lediglich wenig haarlose Stellen zeigten. Noch deutlicher verhielt es sich mit dem Juckreiz. Hier hatten Pferde, welche beim Kauf mit starkem Pruritus aufgefallen waren, später mit einen signifikant schwereren Krankheitsbild zu kämpfen als Pferde mit keinem, leichtem oder sogar mittelstarkem Pruritus (p < 0,05). Nur bei 25,1 % der Studienpferde wurde eine Kaufuntersuchung durchgeführt, jedoch stellte der Tierarzt lediglich bei 3,5 % dieser Pferde einen Hautbefund fest. Bei 27,5 % berichteten zudem die Vorbesitzer von bereits bestehenden Hautproblemen. Die Analyse der Daten zeigt, dass bereits bei einigen Pferden dieser Studie zum Zeitpunkt des Kaufs Hautprobleme eine große Rolle spielten. 9,5 % der Pferde der Studie hatten eine Vorerkrankung. Darunter litten 3,8 % der Pferde an einer Allergie, angefangen von Heu- oder Stauballergie (2,8 %), bis hin zu Hausstaubmilbenoder Futtermittelallergien. An einer Lungenerkrankung waren insgesamt 2,0 % der Pferde (n = 8) erkrankt Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen einen guten Überblick über den Erfolg der gängigsten Therapeutika und Behandlungsmethoden des Sommerekzems in der hier untersuchten Population. Grundsätzlich wurde festgestellt, dass als Folge der Behandlung des Sommerekzems bei 72,8 % der Pferde eine Besserung des Krankheitsbildes auftrat. Den besten Effekt, mit einer Erfolgsquote von 70,3 %, erzielte die Nutzung einer Ekzemerdecke. Auch Cremes konnten bei 40 % der behandelten Pferde der Studie eine positive Wirkung erzielen. Im Gegensatz hierzu brachten Homöopathika, Repellentien und die Eigenbluttherapie keine deutliche Verbesserung des Krankheitsbildes mit sich. Die Desensibilisierung brachte bei 5 Pferden der Studienpopulation eine Verbesserung der Symptomatik. Die Studie zeigt somit, dass die wirksamste Prävention und Therapie des Sommerekzems bei der Studienpopulation in der Minimierung der Allergenexposition und der damit verbundenen Reduktion der Insektenbelastung lag. 85,1 % der Studienteilnehmer berichteten über eine insgesamt starke Insektenbelastung. Mit steigender Gnitzen- und/oder Bremsenbelastung verschlechterte sich die Symptomatik des Sommerekzems signifikant (p < 0,00). Die Erkenntnisse dieser Studie liefern neue, rasseübergreifende Daten über die Entstehung, Ausprägung und Behandlung des Sommerekzems bei betroffenen Pferden einer Stichprobe mit 404 Studienteilnehmern in Deutschland. Limitationen dieser Studie liegen vor allem in der fehlenden Bezugsgröße zu der Gesamtpferdepopulation in Deutschland. Um Rückschlüsse auf die Gesamtpopulation in Deutschland ziehen zu können, bedarf es einer Kontrollgruppe. Erst dann sind konkrete Aussagen zur Epidemiologie des Sommerekzems zulässig. Weitere Verzerrungen der Studie liegen in der Subjektivität der Pferdebesitzer sowie der Auswahl der Stichproben. Es besteht die Möglichkeit, dass vermehrt Besitzer stark betroffener Pferde an der Studie teilgenommen haben. Da es sich um eine rein schriftliche Befragung handelt, kann die Einschätzung der Besitzer vor allem bei Determinanten, wie der Schwere der Symptomatik und der Insektenbelastung sehr unterschiedlich ausfallen. Zudem liegt den Ergebnissen dieser Studie eine einmalige Datenerhebung zugrunde, wodurch bei einigen Fragestellungen lediglich eine Momentaufnahme dargestellt wird. Ansätze zur Verbesserung des Studiendesigns bestehen in der Kombination aus einer schriftlichen Befragung der Besitzer und einer einheitlichen Untersuchung der Pferde durch einen Tierarzt. Zudem wäre es sinnvoll den Verlauf der Erkrankung über mehrere Jahre einheitlich zu kontrollieren. Hierfür sollte ein Fragebogen konzipiert werden, der mehrmals im Jahr vom Pferdebesitzer ausgefüllt werden muss und durch Bildmaterial zur Dokumentation der Symptomatik des Sommerekzems ergänzt wird.