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Problemstellung: Die Mastitis beim Milchrind ist eine der bedeutendsten Probleme der Milchwirtschaft im Hinblick auf Tierschutz, Ökonomie und Verbraucherschutz. In den letzten Jahren hat die Anwendung homöopathischer Therapiekonzepte in Milchviehbetrieben stark zugenommen (Gordon et al., 2012; Hovi und Roderick, 2000), obwohl Wirksamkeit, Vorteile und Risiken der homöopathischen Therapie kontrovers diskutiert werden. Bisherige Forschungsarbeiten zur Homöopathie in der Veterinärmedizin sind geprägt von verhaltener wissenschaftlicher Tätigkeit, divergierenden Ergebnissen und unterschiedlicher Qualität (Hektoen, 2005; Mathie und Clausen, 2014). Mathie und Clausen (2015) analysierten, dass deutlich weniger Publikationen einen statistisch signifikanten Vorteil der Homöopathie ergeben, als die Schlussfolgerungen der Autoren bezüglich der Ergebnisse ihrer Studie nahelegten. Ziel dieser dreifach verblindeten, randomisierten und kontrollierten Studie war es, den Behandlungserfolg einer homöopathischen Mastitistherapie in einem konventionell geführten Milchviehbestand zu beurteilen.
Versuchsanordnung: Von Juli 2013 bis Mai 2014 wurden auf einem Betrieb in Brandenburg 212 Milchkühe mit akuter, katarrhalischer Mastitis randomisiert einer Placebo- und einer Verumgruppe zugeteilt. Zur Überprüfung der natürlichen Heilungsprozesse wurde ab März 2014 eine homöopathisch unbehandelte Kontrollgruppe mitgeführt (n=16). Orientierend an den Behandlungsgrundsätzen der klinischen Homöopathie wurde den Tieren der Verum- und Placebogruppe mindestens einmal täglich für durchschnittlich fünf Tage ein Komplex-Homöopathikum, bestehend aus vier Nosoden der Potenz C 200 (Streptococcinum-, Staphylococcinum-, Pyrogenium-, E. coli-Nosode), bzw. ein Placebo vaginal appliziert. Bei schweren Mastitiden kam eine zusätzliche allopathische Behandlung zur Anwendung. Neben den erkrankungsunabhängigen Parametern (Stamm-, Fruchtbarkeits-, Kalbungs-, Leistungs und Anamnesedaten) wurden Parameter zur Studienmastitis sowie Behandlungs-, Verlaufs und Abgangsdaten erfasst. Die Zellzahl wurde im Zuge der ersten Milchleistungsprüfung nach überstandener Mastitis ermittelt. Die Studientiere wurden während der gesamten Erkrankungsdauer und bis 200 Tage nach Krankheitsende beobachtet. Die Auswertung der Daten erfolgte mittels Überlebensanalyse nach Kaplan-Meier, ANOVA, Kruskal-Wallis- und Mann-Whitney-U-Test sowie Chi-Quadrat-Test.
Ergebnisse: Zwischen den Behandlungsgruppen und der unbehandelten Kontrollgruppe lassen sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der erkrankungsunabhängigen Parameter (z.B. Laktationszahl, Rastzeit, 305d Milchleistungsparameter, Anzahl der Mastitiden in der Vorlaktation) ermitteln. In Bezug auf Erkrankungsdauer (p=0,995), Zellzahl (p=0,780), Häufigkeit einer Folgemastitis (p=0,648) sowie Abgangshäufigkeit (p=0,198) und Abgangsart (p=0,988) sind keine Unterschiede zu beobachten. Bei einer Gegenüberstellung der beiden Behandlungsgruppen differiert die Behandlungsdauer (p=0,607) nicht. Der Behandlungserfolg ist in allen drei Gruppen vergleichbar (p=0,995). Die Analyse des Abgangsgrundes ergibt keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen (p=0,965) sowie der jeweiligen Behandlungsgruppe und der unbehandelten Kontrollgruppe (p=0,628 und p=0,640).
Diskussion: Die vorliegenden Analysen ergeben nahezu identische Ergebnisse für die Verumund Placebogruppe sowie die unbehandelte Kontrollgruppe. Eine Evaluierung der bakteriologischen und vollständigen Heilungsrate war innerhalb des Versuchsaufbaus nicht möglich, sodass nur die klinische Heilung beurteilt wurde. Allerdings sind während des Beobachtungszeitraumes zwischen den Gruppen keine Unterschiede bezüglich der Zellzahl und im Auftreten von Folgemastitiden erkennbar. Vergleichbare Ergebnisse zur Wirksamkeit homöopathischer Mastitistherapeutika finden sich in den Studien von Hektoen et al. (2004) und Werner et al. (2010). Dagegen ermittelten Merck et al. (2004) bessere Heilungsraten und Garbe et al. (2000) schlechtere Heilungsraten für die homöopathisch behandelte Gruppe. Eine unbehandelte Kontrollgruppe wird in keiner der erwähnten Studien mitgeführt. Schlussfolgerung: Hinsichtlich der genannten Parameter lassen sich weder gegenüber einer Placebotherapie noch der Selbstheilung Vorteile einer homöopathischen Therapie eruieren. Bei derzeitigem Kenntnisstand kann die Homöopathie als Alternative in der Bestandsbehandlungbeim Milchrind nicht empfohlen werden