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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Evaluierung neuer Verfahren zur lokalen Tumortherapie am VX2-Modell des Kaninchens (2013)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Biedermann, Melanie (WE 1)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2013 — VII, 131 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-370-7
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8063
    Kontakt
    Institut für Veterinär-Anatomie

    Koserstr. 20
    14195 Berlin
    +49 30 838 75784
    anatomie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Das kolorektale Karzinom wird in vielen Fällen erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Zu diesem Zeitpunkt ist es daher bereits häufig in die Leber metastasiert. In diesen Fällen müssen beim Patienten nicht nur der Ursprungstumor, sondern auch die Metastasen therapiert werden. Für die Behandlung der Lebermetastasen, aber auch primären Lebertumoren bieten sich lokale Verfahren an. Die Zielsetzung in diesem Projekt war die Untersuchung eines lokalen Therapieverfahrens zur Bekämpfung von Lebertumoren/-metastasen, welches entweder als neoadjuvante, adjuvante oder ausschließliche Behandlung angewendet werden kann. In der vorliegenden Studie sollte im Tierversuch eine möglichst schonende lokale Tumortherapie untersucht werden, die mit einer geringen Medikamenten-Dosis auskommt. Die Versuche zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Methode wurden an 20 Kaninchen mit in die Leber implantierten VX2-Tumoren durchgeführt. Der Grundgedanke war, durch die Beschichtung von Ballonkathetern eine lokale perkutane Behandlung mit therapeutisch wirksamen Substanzen zu ermöglichen. Durch die Zunahme der Oberfläche des Ballons bei der Expansion wird eine große Gewebefläche erreicht. Ferner wird durch den Druck des Ballonkatheters die Beschichtung nachhaltig in das Gewebe gepresst. Die Wirkstoffe sollten sich nur langsam auflösen bzw. aus dem Tumor abgeschwemmt werden. Die folgenden Zytostatika wurden ausgewählt: Paclitaxel, Arsentrioxid, 5-Fluorouracil, Fantolon, Bortezomib, Doxorubicin und Mitoxanthron. Außerdem wurde allen Wirkstoffen jeweils eine wirkstofffreie Kontrolle gegenübergestellt. Die sieben genannten Substanzen wurden bezüglich ihrer Zytotoxizität gegenüber VX2- Tumorzellen in vitro in Zellkultur überprüft. Dazu wurde jede einzelne Substanz in vier unterschiedlich hohen Konzentrationen (von 2 bis 32 μmol/l für Paclitaxel, Arsentrioxid, Fantolon, 5-Fluorouracil und Mitoxanthron; von 10 bis 25 μmol/l für Doxorubicin; von 0,1 bis 0,4 μmol/l für Bortezomib) jeweils für 24, 48 und 72 Stunden zu den VX2-Zellen gegeben. Als Kontrolle wurden Tumorzellen mit wirkstofffreier Lösung inkubiert. Die insgesamt verbleibende intramitochondriale Dehydrogenaseaktivität als Maß für die Vitalität der Tumorzellen im Vergleich zur Kontrolle war bei Verwendung des für jede Substanz niedrigsten ermittelbaren Mittelwertes bei Doxorubicin mit 12 3% (16 μmol/l nach 72 h) am geringsten und bei Arsentrioxid mit 52 4% (15 μmol/l bei 48 h) am höchsten von allen eingesetzten Wirkstoffen. Alle geprüften Substanzen waren wirksam und die Auswahl der Substanzen für die tierexperimentelle Studie erfolgte daher aufgrund der physikochemischen Eigenschaften, des Wirkmechanismus und der Erfahrung mit den Substanzen in früheren Untersuchungen für andere Indikationen. Limitierend auf die in vivo Versuche wirkte sich aus, dass nicht alle zuvor ausgewählten Testsubstanzen sich für das Auftragen auf die Ballonkatheter als geeignet erwiesen. Aus diesem Grund mussten für die Erprobung dieser Wirkstoffe im Tiermodell andere Applikationsformen gefunden werden. Arsentrioxid und Doxorubicin wurden mit einer Spritze direkt in den Tumor injiziert (je Gruppe vier Tiere). Pro Wirkstoff wurden vier Kaninchen behandelt. Die applizierte Dosis betrug bei Paclitaxel 1,57 bis 1,78 mg, bei Arsentrioxid 11,5 bis 22,0 mg, bei Fantolon 1,12 bis 1,16 mg und bei Doxorubicin 5,94 bis 20,78 mg. Im Studienverlauf wurden die Dosierungen für Arsentrioxid und Doxorubicin wegen guter Verträglichkeit und mangelnder Wirkung erhöht. Die Hälfte der Kontrollgruppe wurde mit einem unbeschichteten Ballonkatheter behandelt (zwei Tiere), bei der anderen Hälfte der Gruppe (zwei Tiere) eine Injektion mit physiologischer Kochsalzlösung durchgeführt, um die mechanische Manipulation des Tumors bei der medikamentengestützten Behandlung zu imitieren. Die Wirksamkeit der Behandlung auf das Tumorwachstum wurde nach 1-2 Wochen mittels Computertomographie während und kurz nach Kontrastmittelinjektion kontrolliert. Im Computertomogramm ist der Tumor aufgrund einer gegenüber dem gesunden Lebergewebe geringeren Durchblutung als Perfusionsdefekt dargestellt. Eine Verminderung der Größe des Perfusionsdefekts nach der Therapie würde eine Abnahme der Tumorgröße anzeigen, während eine Zunahme der Größe des Perfusionsdefektes durch Tumorwachstum oder Nekrose bedingt sein kann. Deshalb wurde eine Anfärbung vitaler Gewebeanteile nach der Entnahme des Lebergewebes mit Perfusionsdefekt mittels TTC-Färbung durchgeführt. Die Wirkung der in vivo untersuchten Substanzen entsprach insgesamt nicht vollständig den Ergebnissen aus den im Vorfeld durchgeführten Zellversuchen. Nur bei zwei von insgesamt zwanzig Tieren wurde eine Verringerung des für den Tumor typischen Perfusionsdefektes in der Leber beobachtet: Ein Tier aus der mit Fantolon behandelten Gruppe (-36% gegenüber der Messung in der Vorwoche) sowie ein mit einem unbeschichteten Ballonkatheter behandeltes Kontrolltier (-6%). Bei den restlichen Tieren aus der Studie konnte nur anhand der unterschiedlichen Vergrößerung des Perfusionsdefektes eine Aussage über die Wirkung der eingesetzten Substanzen getroffen werden. Dabei schnitt die Gruppe der mit Paclitaxel behandelten Tiere mit der durchschnittlich geringsten prozentualen Größenzunahme (271 ± 186%) am besten ab, gefolgt von der Kontrollgruppe (903 ± 925%). Eine äußerst hohe Zunahme des Perfusionsdefektes in der Leber zeigte sich bei dem Therapieversuch mit Arsentrioxid (3.580 ± 4.871%), wobei der größte Teil des nicht oder minder-perfundierten Gewebes nekrotisch war. Keine der in dieser Studie erprobten Substanzen und Formulierungen hat in vivo die erwünschte überzeugende lokale zytotoxische Eigenschaft gezeigt. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass Paclitaxel und Arsentrioxid nach lokaler Verabreichung eine nützliche, das Tumorwachstum hemmende Wirkung haben. Diese Annahme wird durch die Ergebnisse der ex vivo Tumorvermessungen und der Tumorpathologie gestützt. Daher sollten weitere Experimente speziell mit Arsentrioxid durchgeführt werden, die Dosis, Formulierung und Applikationsart der Substanz betreffen, um Gewissheit in Bezug auf die Vitalität des als Perfusionsdefekt dargestellten Gewebes zu erhalten, die Reproduzierbarkeit der Befunde zu belegen und eine Abschätzung des möglichen Nutzens für die lokale Tumortherapie zu erlauben.