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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Induktion von Desinfektionsmittelresistenzen und Co-Induktion von Antibiotikaresistenzen bei Escherichia coli und Enterococcus spp. aus Nutztierhaltungen (2013)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Zimmermann, Katrin (WE 10)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2013 — 108 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-335-6
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/1878
    Kontakt
    Institut für Tier- und Umwelthygiene

    Robert-von-Ostertag-Str. 7-13
    14169 Berlin
    +49 30 838 51845
    tierhygiene@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Im Rahmen der Infektionsprophylaxe und der Bekämpfung von Krankheitsausbrüchen werden in der Tierhaltung jährlich enorme Mengen von Desinfektionsmitteln eingesetzt. Da es nicht nur in der Humanmedizin eine wachsende Anzahl von Berichten über Desinfektionsmittelresistenzen gegen bestimmte Wirkstoffe gibt, welche zudem teilweise mit Antibiotikaresistenzen einhergehen, gilt diese Befürchtung auch für den Einsatz von Desinfektionsmitteln in der Tierhaltung. Im Fokus der durchgeführten Untersuchungen stand somit die Frage, inwieweit subinhibitorische Konzentrationen von Desinfektionsmitteln, wie sie durch zahlreiche beeinträchtigende Faktoren in der Tierhaltung entstehen können, zu einer Induktion von Resistenzen gegen diese bzw. zu einer Co-Induktion von Antibiotikaresistenzen führen können. Um dieser Frage nachzugehen, wurde die minimale Hemmkonzentration (MHK) von drei typischerweise in der Tierhaltung eingesetzten Desinfektionsmitteln (Peressigsäure, Glutaraldehyd und Ameisensäure) von Escherichia coli als gramnegative und Enterococcus spp. als grampositive, ubiquitäre Bakterien aus Nutztierhaltungen, bestimmt. Dies erfolgte im Doppelansatz nach den DVG-Richtlinien der Desinfektionsmittelprüfung sowohl bei den jeweiligen Referenzstämmen als auch bei je neun Feldisolaten aus Nutztierhaltungen jeder Gruppe. Zudem wurden ESBL-bildende und ESBL-negative E. coli im Vergleich untersucht, um die Auswirkungen bereits vorhandener Antibiotikaresistenzgene auf eine Desinfektionsmittelresistenz bei E. coli einschätzen zu können. Nachdem alle Testkeime zehnmalig subinhibitorischen Desinfektionsmittelkonzentrationen ausgesetzt wurden, wurde eine erneute MHK-Bestimmung durchgeführt um zu ermitteln, inwieweit sich diese verändert hat. Nach anschließend durchgeführten Stabilitätspassagen ohne Desinfektionsmittelzusatz wurde wieder anhand der MHK bestimmt, wie stabil die beobachteten Sensibilitätsveränderungen gegen die Desinfektionsmittel waren. Es wurden ausschließlich temporäre Toleranzerhöhungen, welche nie mehr als eine MHK- Stufe umfassten induziert, was auf ein verhältnismäßig geringes Resistenzrisiko bei dem Einsatz der untersuchten Desinfektionsmittel hindeutet. Im Gegensatz dazu konnte jedoch ein Konvergieren bzw. sogar zeitweises Überschreiten der MHK im Vergleich zu den vorgeschriebenen Gebrauchskonzentrationen bei zwei von drei getesteten Desinfektionsmitteln beobachtet werden. Im letzteren Fall kann man von der Induktion einer instabilen Resistenz sprechen, welche bei dem glutaraldehydhaltigem Desinfektionsmittel Permanent neu® bei mehreren Enterococcus-Isolaten beobachtet wurde. Durch die Erhöhung der MHK unter den idealen Bedingungen im Labor kann man darauf schließen, dass es unter den schwierigeren Gegebenheiten in der Stallumgebung vermutlich ebenfalls schnell zu einer Beeinträchtigung des Desinfektionserfolgs kommen kann. Zudem ist bemerkenswert, dass in den Versuchen mit dem glutaraldehydhaltigem Präparat die Enterococcus Feldisolate eine höhere Toleranz gegen den Wirkstoff zeigten als der entsprechende Enterococcus- Referenzstamm aus der Desinfektionsmittelprüfung. Das äquivalente Verhalten der ESBL-negativen und der ESBL-bildenden E. coli zeigt, dass zumindest das Vorhandensein dieser multiplen Resistenzen gegen ß-Laktamantibiotika bei E. coli keinen Wirkungsverlust der untersuchten Desinfektionsmittel (Peressigsäure, Glutaraldehyd und Ameisensäure) erwarten lassen. Um einen Einfluss der veränderten MHK der Desinfektionsmittel auf die Antibiotikaempfindlichkeit der Bakterien zu untersuchen, wurde vor und nach den Passagen mit subinhibitorischen Desinfektionsmittelkonzentrationen mit ausgewählten Vertretern der einzelnen Testkeimgruppen zudem ein Agardiffusionstest mit jeweils zwölf verschiedenen antibiotischen Wirkstoffen durchgeführt. Dabei konnten jedoch in keinem Fall Hinweise gefunden werden, die auf eine Korrelation zwischen den beobachteten MHK-Erhöhungen der Desinfektionsmittel und einem Sensibilitätsverlust der untersuchten Antibiotika hingedeutet hätten. Jedoch fiel auf, dass die Feldisolate der einzelnen Bakteriengruppen stets mehr Resistenzen gegen die untersuchten antibiotischen Wirkstoffe aufwiesen als die entsprechenden Referenzstämme. Da die Ausbildung von Resistenzen der einzelnen Bakterienspezies wahrscheinlich auf spezifischen statt auf generischen Resistenzmechanismen basiert, kann man aus den durchgeführten Untersuchungen lediglich schließen, dass eine Induktion stabiler oder hochgradiger Resistenzen der untersuchten Keimgruppen gegen die getesteten Desinfektionsmittel Peressigsäure, Glutaraldehyd und Ameisensäure in der Stallumgebung eher unwahrscheinlich ist. Jedoch kann dies nicht völlig ausgeschlossen werden, da es möglich ist, dass sich dies bei einem anderen Versuchsaufbau anders darstellen würde. In Anbetracht der teilweise sehr geringen Sicherheitsspannen der Präparate ist ein Versagen der Desinfektion unter den schwierigen Bedingungen in der Tierhaltung jedoch ein realistisches Szenario. Somit bleibt die Wichtigkeit eines fehlerfreien und verantwortungsbewussten Desinfektionsmitteleinsatzes hervorzuheben.