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Aufgrund schwerer Ausbrüche der Blauzungenkrankheit in den Jahren 2006/2007 in Deutschland in Abwesenheit des afrikanischen Hauptvektors Culicoides imicola wurden heimische Gnitzenarten als mögliche Vektoren des Blauzungenvirus diskutiert. Da es bisher nur wenige und zudem standortbasierte Studien zur Gnitzenfauna Deutschlands gab, wurde ein bundesweites entomologisches Monitoring-Projekt ins Leben gerufen. Dafür wurden an 89 Standorten, welche sich innerhalb der Restriktionszone des Hauptausbruchsgebietes der Blauzungenkrankheit im Jahr 2006 befanden, Milchbetriebe ausgewählt, auf denen je eine Falle zum Fang der Zielinsekten und eine Wetterstation zur Erfassung verschiedener Klimadaten installiert wurde. Die Auswertung der Fänge erfolgte über den Zeitraum von März 2006 bis Mai 2007 und bestand aus der Ermittlung der Fangzahlen, des Geschlechtsverhältnisses der Gnitzen, ihrer artspezifischen Gruppenzugehörigkeit (Obsoletus-, Pulicaris-Gruppe, restliche Arten) sowie ihres Ernährungszustandes hinsichtlich einer erfolgten Blutmahlzeit. Darüber hinaus wurde von einem Teil der Proben in Zusammenarbeit mit externen Instituten die genaue Spezies bestimmt, sowie von einem weiteren Teil gesogener Gnitzen das Vorhandensein von BTV-8-Genom getestet. Im Zuge des Monitorings konnte die Abwesenheit des afrikanischen Hauptvektors C. imicola auf dem Gebiet des Seuchenausbruchs 2006/2007 bestätigt werden. Gnitzen der Obsoletus-Gruppe gehörten zu den häufigsten Gnitzenarten, gefolgt von Gnitzen der Pulicaris-Gruppe. BTV-8-Genom konnte v.a. in Gnitzen der Obsoletus-Gruppe, aber auch in Gnitzen der Pulicaris-Gruppe nachgewiesen werden, womit sich deren Vektorkompetenz bestätigte. Da auch in den Wintermonaten noch viele Gnitzen gefangen wurden, kann eine „vektor-freie Zeit“ nicht mehr festgelegt werden. Die Frage nach der exakten Speziesbestimmung der gefangenen Gnitzen machte es notwendig, eine möglichst schnelle und einfach zu handhabende Methode zu entwickeln, um heimische Culicoides-Gnitzen sicher identifizieren zu können. Da die morphologische Differenzierung zeitraubend ist und spezielle Fachkenntnisse zur Präparation und morphologischen Identifizierung erfordert, bot sich die Entwicklung eines PCR-gestützten Verfahrens mit speziesspezifischen Primern zur Identifizierung von Gnitzenarten an. Die ribosomale DNS-Region des Internal Transcribed Spacer 1 (ITS1) wurde zur Bestimmung speziesspezifischer Primer ausgewählt. Für die Entwicklung der Primer wurde DNS von Gnitzen der Arten Culicoides obsoletus s.s., C. dewulfi, C. scoticus, C. chiopterus, C. punctatus und C. pulicaris verwendet, welche im Rahmen des entomologischen Monitorings von März 2007 – Mai 2008, gefangen wurden. Zur Festlegung des Gold- Standards wurden Teile (Flügel, Kopf und Abdomen mit Geschlechtsorganen) der verwendeten Gnitzen präpariert und zur morphologischen Identifizierung auf Objektträgern fixiert. Nach Extraktion der DNS aus den verbleibenden Körperteilen (Thorax mit Beinen und oberem Abdomen) und Amplifikation der ITS1-Region mit den gattungsspezifischen Primern PanCulF/PanCulR (Cêtre-Sossah et al., 2004), erfolgte die Ermittlung potenzieller Vorwärts- Primerregionen für jede der Zielspezies mittels spezieller Software; als Rückwärtsprimer diente der rückwärtige Primer PanCulR aus dem gattungsspezifischen Primerpaar. Die Eignung der ermittelten Primer wurde softwaregestützt getestet und die Synthese der Primer CulObsF2, CulDewF, CulChioF, CulPunctF und CulPulF daraufhin bei einem Speziallabor veranlasst. Für jeden dieser Primer wurde das ideale PCR-Protokoll (teilweise touchdown- Protokoll) durch Bestimmung der optimalen MgCl2-Konzentration und Annealing- Temperatur ermittelt. Die entwickelten Primer wurden in verschiedenen Verfahren auf ihre analytische Spezifität und Sensitivität hin getestet. Der Einsatz der Primer wurde mittels verschiedener Untersuchungen getestet. Verbesserungsvorschläge für zukünftige entomologische Untersuchungen und der Einsatz der speziesspezifischen Primer bei künftigen Studien wurden diskutiert.