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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Charakterisierung der Bedeutung von alpha-Taxilin für den Lebenszyklus des Hepatitis-B-Virus (2013)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Böhm, Caroline (WE 3)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2013 — III, 92 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-274-8
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8221
    Kontakt
    Institut für Veterinär-Biochemie

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62225
    biochemie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Das Hepatitis-B-Virus (HBV) besteht aus einem kleinen (3,2 kb) zirkulären, partiell doppelsträngigen DNA-Genom und verursacht akute und chronische Hepatitiden, Leberzirrhose und hepatozelluläre Karzinome (Ganem und Varmus, 1987). In vorangegangenen Studien anderer Arbeitsgruppen konnten vermehrte Mengen des Proteins α - Taxilin in tumorösem Gewebe von Nierenzellkarzinomen und HCCs nachgewiesen werden (Ohtomo et al., 2010). HCCs können als Folge einer chronischen HBV-Infektion entstehen (Lupberger und Hildt, 2007, Cougot et al., 2005). α -Taxilin ist ein ubiquitär exprimiertes Protein mit einer Größe von 62 kDa. Allgemein ist relativ wenig über dieses Protein bekannt. In der vorliegenden Arbeit wurde die Interferenz von HBV mit α -Taxilin näher untersucht. In Western-Blot- und Immunfluoreszenzuntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass sich HBV steigernd auf die Expression von α -Taxilin auswirkt. Dies konnte sowohl in stabil und transient transfizierten HBV- replizierenden Zelllinien als auch in vivo im HBV-transgenen Mausmodell und in Lebern HBV-infizierter Patienten nachgewiesen werden (siehe Kapitel 5.1 Abb. 5.1, Kapitel 5.2.1 Abb. 5.4, Kapitel 5.2.2 Abb. 5.9 und 5.10). Die Messung gesamtzellulärer RNA in stabil und transient transfizierten, HBV- replizierenden Zellen (siehe Kapitel 5.1 Abb. 5.2) sowie in humanen Leberproben (siehe Kapitel 5.2.2 Abb. 5.11) mittels quantitativer real-time PCR (RT-PCR) wies ebenfalls erhöhte α -Taxilin-Mengen auf. In Lebern HBV- transgener Mäuse war jedoch eine geringere α -Taxilin-mRNA-Menge trotz höherer Proteinmengen im Vergleich zu den Kontrollmäusen detektierbar (siehe Kapitel 5.2.1 Abb. 5.5). Hierfür könnten unterschiedliche Regulationsmechanismen des α -Taxilin-Gens verantwortlich sein. Eine mögliche Erklärung für die Beobachtungen im Mausmodell ist, dass α -Taxilin eine längere Halbwertszeit hat, welche zu einer verringerten mRNA-Menge führt. Eine andere mögliche Erklärung könnte ein negativer feedback- Mechanismus sein, welcher durch die hohen α -Taxilin-Mengen bedingt ist und das mRNA Niveau herunterreguliert. Die Beobachtungen erhöhter α -Taxilin-Mengen durch HBV warf die Frage auf, wie sich eine Überexpression von α -Taxilin auf die HBV-Replikation auswirken würde. Die Überexpression führte jedoch zu keinem signifikanten Effekt auf die HBV-Replikation, da die α -Taxilin-Expression in HBV-replizierenden Zellen schon so weit hochreguliert ist, dass die Replikation durch eine weitere Überexpression unbeeinflusst bleibt (siehe Kapitel 5.3 Abb. 5.13). Im Gegensatz dazu führte der knockdown des α -Taxilin-Gens zu einer signifikant verminderten Anzahl freigesetzter Viren im Vergleich zu den entsprechenden Kontrollzellen (siehe Kapitel 5.4 Abb. 5.15). Dies lässt vermuten, dass die Inhibierung von α -Taxilin zu einer verminderten HBV-Replikation und somit zu einer verminderten Freisetzung infektiöser Viruspartikel führt. ELISA- Messungen der Überstände transfizierter α -Taxilin-knockdown-Zellen zeigten erhöhte Mengen an HBs- und HBe-Ag (siehe Kapitel 5.4 Abb. 5.16). Wie bereits beschrieben wird spekuliert, dass α -Taxilin als SM-Protein fungieren könnte (Nogami et al., 2003, Nogami et al., 2003a). Es ist vorstellbar, dass α -Taxilin als negativer Regulator auf die SNARE-Formation wirkt, indem es freies Syntaxin bindet und die SNARE-Komplex-Bildung und folglich den Vesikeltransport verhindert. Wird die Expression von α -Taxilin inhibiert, steht ausreichend freies Syntaxin für die Bildung des SNARE-Komplexes zur Verfügung. Somit kann der vesikuläre Transport ungestört ablaufen, was die erhöhten Mengen HBe- und HBs-Ag im Überstand erklären könnte. Der beobachtete Effekt der verminderten Anzahl freigesetzter Viren in α -Taxilin-knockdown Zellen lässt jedoch vermuten, dass α -Taxilin eine wichtige Rolle im Export viraler Partikel spielen könnte. Um dies näher zu untersuchen, wurde die subzelluläre Lokalisation von α -Taxilin mittels Immunfluoreszuntersuchungen näher analysiert. Hier fiel auf, dass α -Taxilin mit Core und LHBs-Ag colokalisiert, nicht aber mit SHBs-Ag, welches Hauptbestandteil subviraler Partikel ist (siehe Kapitel 5.5 Abb. 5.17 und 5.18). Um zu verifizieren, ob es sich dabei um echte Interaktionen handelt, wurden Co- Immunpräzipitationsanalysen durchgeführt. Diese bestätigten die Interaktion von α -Taxilin mit LHBs-Ag bzw. PreS1PreS2 (siehe Kapitel 5.6 Abb. 5.19 und Kapitel 5.7 Abb. 5.20). Dies bestätigt die Vermutung einer essentiellen Rolle von α -Taxilin für den HBV Lebenszyklus. Es ist bekannt, dass virale und subvirale Partikel die infizierte Zelle über unterschiedliche Mechanismen verlassen (Lambert et al., 2007). Virale Partikel werden unter Beteiligung der ESCRT-Maschinerie sezerniert, der Weg der subviralen Partikel ist ESCRT- unabhängig (Lambert et al., 2007). Die genauen Mechanismen sind jedoch noch nicht vollständig verstanden und sind Gegenstand aktueller Forschung. Bei der Betrachtung der Proteinsequenz von α -Taxilin fielen eine Vielzahl von prolinreichen Motiven, sogenannten PXXP-Motiven, auf. Beim humanen Immundefizienzvirus (HIV) enthält das gag- Protein eine Vielzahl dieser late domains (PXXP-Motive) und vermittelt so die Interaktion mit der ESCRT- Komponente tsg101 (Garrus et al., 2001, VerPlank et al., 2001). Das ESCRT- System ist für die Erkennung ubiquitinierter Membranproteine verantwortlich und sortiert sie in intraluminale Vesikel (ILVs) (Hurley und Hanson, 2010). Die entstehenden ILVs können mit dem Lysosom oder aber auch mit der Plasmamembran fusionieren. Somit könnte das ESCRT-System einen potentiellen Sekretionsweg viraler Partikel aus der infizierten Zelle vermitteln. In Western-Blot-Analysen (Daten nicht gezeigt) und Immunfluoreszenzuntersuchungen konnte gezeigt werden, dass parallel zur Expression von α -Taxilin auch die Expression der ESCRT-Komponente tsg101 in HBV-positiven Zellen erhöht ist (siehe Kapitel 5.8 Abb. 5.21) und dass beide Proteine colokalisieren (siehe Kapitel 5.9 Abb. 5.23). Umgekehrt zeigte sich, dass der knockdown der α -Taxilin-Expression eine deutliche Verminderung der tsg101-Expression zur Folge hat (siehe Kapitel 5.8 Abb. 5.22). Die Interaktion der beiden Proteine konnte mittels Co-Immunpräzipitationsanalyse schließlich verifiziert werden (siehe Kapitel 5.10 Abb. 5.24). Da HBV-Strukturproteine frei von sogenanngten late domains sind, liegt die Vermutung nahe, dass α -Taxilin eine Adapterrolle im HBV-Lebenszyklus einnimmt, dem ESCRT-System die prolinreichen Motive liefert und so die Bindung an tsg101 ermöglicht. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass α -Taxilin sowohl eine Rolle in der Replikation von HBV als auch eine Rolle in der Virusmorphogenese spielt. Die HBV-Infektion wirkt sich steigernd auf die Expression von α -Taxilin aus, was in mehreren Infektionsmodellen nachgewiesen werden konnte. α -Taxilin scheint für die Replikation des Virus essentiell zu sein, da der knockdown des Gens die Replikation hemmt. Die Interaktion von α -Taxilin mit LHBs Ag und α -Taxilin mit der ESCRT-Komponente tsg101 konnte nachgewiesen werden und legt eine Rolle als Adapterprotein von α -Taxilin nahe. Late domains sind für die Interaktion von Viren mit dem ESCRT-System erforderlich (Lambert et al., 2007). Die Sequenz von α -Taxilin weist eine Vielzahl dieser PXXP-Motive auf, welche den HBV-Strukturproteinen fehlen. Auch die Expression der ESCRT- Komponente tsg101 ist in HBV-replizierenden Zellen erhöht, was die Hypothese unterstützt. In zukünftigen Experimenten könnten rescue-Experimente Aufschluss darüber geben, ob die Replikation durch die Transfektion eines α -Taxilin- Expressionsplasmids wiederhergestellt werden kann. Außerdem ist es von Interesse herauszufinden, welche Stelle von α -Taxilin für die Bindung mit dem ESCRT-System sowie mit dem Virus verantwortlich ist. Dies könnte mittels einer Genkartierung von α -Taxilin analysiert werden. In weiteren Versuchen könnte untersucht werden, ob α - Taxilin zusätzlich mit anderen Komponenten der ESCRT-Maschinerie interagiert. Ist dies nicht der Fall, so könnte man die Interaktion mit tsg101 möglicherweise hemmen und somit die Virus Sekretion unterbinden. Würde dies gelingen, so könnte das einen möglichen Therapieansatz darstellen, der die Verbreitung des Virus verhindern würde. Außerdem ist von Interesse, ob α -Taxilin ein Ubiquitin-Interaktions-Motiv besitzt, welches zusätzlich den Kontakt zur ESCRT-Maschinerie vermitteln könnte.