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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Untersuchung von fünf Fremdstoffen und deren Hauptmetaboliten allein und in Kombination in der Whole Embryo Culture mit Rattenembryonen (2012)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Kilb, Caroline (WE 14)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2012 — IV, 139 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-255-7
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/9738
    Kontakt
    Institut für Pharmakologie und Toxikologie

    Koserstr. 20
    14195 Berlin
    +49 30 838 53221
    pharmakologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Einleitung: Ziel des BMBF-Verbundprojektes war die Weiterentwicklung bereits etablierter Alternativmethoden zum Tierversuch unter dem Titel: „Entwicklung eines Biotransformationssystems für die metabolische Aktivierung von validierten in-vitro-Systemen zur Prüfung auf Embryotoxizität“. In der in diesem Rahmen entstandenen Dissertation wurden als embryotoxisch bekannte Substanzen und ihre Metaboliten (Cyclophosphamid/Acrolein, Retinol/alltrans- Retinsäure, Valpromid/Valproinsäure, Albendazol/Albendazolsulfoxid, Acetylaminofluoren/ N-Hydroxy-Acetylaminofluoren) in der Whole Embryo Culture (WEC) mit Rattenembryonen verwendet, um im Vorfeld der Metabolisierungsversuche durch Einzeluntersuchung und Mischung der Substanzpaare (im Verhältnis 80/20 und 50/50) den maternalen Metabolismus zu simulieren und die Wirkung der einzelnen Substanzen und deren Mischungen auf den Embryo detailliert darzustellen. Material und Methoden: Die Substanzen wurden zuerst jeweils einzeln in ansteigenden Konzentrationen und dann mit ihrem dazugehörigen Metaboliten im Mischungsverhältnis 80/20 und 50/50 in der WEC (Gestationstag 9,5) unter einem definierten Gaspartialdruck bei 38,5 °C für 48 Stunden in einem rotierenden System inkubiert. Danach wurden die Beobachtungen anhand des morphologischen Scoring-Schemas unter der Stereolupe ausgewertet. Ergebnisse: Die fünf untersuchten Ausgangssubstanzen – Cyclophosphamid, Retinol, Valpromid, Albendazol und Acetylaminofluoren – entstammen unterschiedlichen Substanzgruppen, jedoch ließen sich Parallelen in den hervorgerufenen Fehlbildungen bei Rattenembryonen in der mikroskopischen Auswertung beobachten. Alle Ausgangssubstanzen riefen mit jeweils aufsteigender Konzentration eine Reduzierung der Scheitel-Steiß-Länge, des Proteingehalts, der Ausprägung der Dottersackdurchblutung und einen Rückgang des Scorewertes hervor. Meist war auch eine Abnahme der Somitenzahl zu verzeichnen. Im Detail ließen sich substanzspezifische Veränderungen erkennen. Von den teratogenen Effekten der einzelnen Substanzen war hauptsächlich der Kopfbereich, insbesondere die Entwicklung des Telenzephalons betroffen. Cyclophosphamid verursachte ab einer Konzentration von 200 μg/ml (716,5 μM) ein Fehlen der Augenanlage und ein nicht mehr entwicklungsphysiologisch ausgebildetes, d. h. ein verzögert entwickeltes Telenzephalon. Auch Retinol rief (ab 2,5 μg/ml bzw. 8,7 μM) Veränderungen an der Kopfregion hervor: Bei 66,6 % der Embryonen zeigte sich ein offener kranialer Neuroporus. Ab einer Konzentration von 5,0 μg/ml (17,5 μM) war dieser Bereich zu 100 % abnorm, das Telenzephalon zeigte eine höckerig erscheinende Oberfläche und mehrere auffällige Hämorrhagien; Augen- und Ohranlagen fehlten ab dieser Konzentration vollständig. Bei Albendazol erfolgte eine verminderte Ausbildung des Telenzephalons, wobei das Neuralrohr komplett geschlossen war. Acetylaminofluoren verursachte ab 50 μg/ml bzw. 223,9 μM teilweise deutliche Nasenplakoden und eine offene Neurulation. Ab einer Konzentration von 200 μg/ml (895,7 μM) war das Telenzephalon nicht mehr zu er kennen, dafür waren bei allen Rattenembryonen deutlich ausgebildete Nasenplakoden zu sehen, die teilweise hämorrhagisch durchsetzt waren. Das Neuralrohr war kranial offen. Die Substanz Valpromid rief hingegen keine mikroskopisch erkennbaren Veränderungen am Telenzephalon hervor. Für Cyclophosphamid, Valpromid und Acetylaminofluoren war die nicht mehr vollständige Drehung des Rumpfes bzw. die als abnorm zu wertende „Eichhörnchenhaltung“, bei der keine Rotation des embryonalen Rumpfs mehr stattfand, eine typische Fehlbildung der Rattenembryonen. Ebenso war ein Einfluss auf die Entwicklung der Herzanlage durch Retinol und Albendazol zu beobachten. Retinol bewirkte ab 2,5 μg/ml (8,7 μM) eine nicht mehr vollständige Ausbildung der Herzanlage, so dass mikroskopisch nur Herzschläuche ohne entwicklungsphysiologische Windung zur Herzschleife zu erkennen waren. Charakteristisch für die durch Albendazol hervorgerufenen Veränderungen war das blasenförmig aufgeworfene Perikard. Weitere substanzspezifische Veränderungen waren bei Retinol die vollständige Verwachsung des Amnions mit dem Rumpf ab einer Konzentration von 5,0 μg/ml bzw. 17,5 μM sowie das verzögerte Wachstum der hinteren Gliedmaßenanlagen und Schwanzanlage bereits ab 2,5 μg/ml (8,7 μM). Nach Inkubation mit Valpromid in höheren Konzentrationen erschienen die Rattenembryonen nicht mehr vollständig gedreht; in der höchsten Konzentration waren die meisten Embryonen dysmorph. Die Versuche mit den 80/20- und 50/50-Mischungen der jeweiligen Substanzpaare verliefen im Ergebnis überwiegend erwartungsgemäß, d. h. entsprechend ihrer Toxizitätsergebnisse aus den Einzeluntersuchungen. Diskussion: Im Vergleich der jeweiligen Ausgangssubstanzen mit ihrem Metabolit zeigten sich Veränderungen an den Embryonen meist in den gleichen Körperregionen und ähnelten den in der Literatur beschriebenen Effekten. Auffällig war vor allem bei Retinol und seinem Metaboliten all-trans-Retinsäure, dass in beiden Mischungen eine deutlich erhöhte Toxizität im Vergleich zu den Einzelsubstanzuntersuchungen zu beobachten war. Schon ab der zweithöchsten Konzentration (0,83 μM) in der 80/20-Mischung waren offene kraniale Neuropori und eine nur unvollständige Rotation des Rumpfes festzustellen, während im Einzelversuch mit dem Metaboliten statistisch signifikante Veränderungen erst ab 1,66 μM bzw. 0,5 μg/ml auftraten. In der 50/50-Mischung war diese Entwicklung noch auffälliger: Hier waren schon ab 0,33 μM (0,1 μg/ml) eine unvollständige Drehung und offene Neuropori zu erkennen. Ein gegenteiliges Ergebnis wies die Albendazol/Albendazolsulfoxid-Kombination auf: Hier war der Metabolit weniger wirksam. Dementsprechend waren die beiden Mischungen deutlich weniger toxisch und damit auch weniger teratogen als die Ausgangssubstanz. Schlussfolgerung: Die WEC mit Rattenembryonen eignet sich für die Untersuchung verschiedener Substanzen in Mischung, vor allem für die Simulation der maternalen Metabolisierungskapazität. Diese Ergebnisse können als Grundlage für die zukünftige Integration eines realen Metabolisierungssystems in die WEC genutzt werden.