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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Hinweise auf eine Immunmodulation durch den Parasiten Sarcocystis calchasi bei der zerebralen Sarkosporidiose der Haustaube (Columba livia f. dom.) (2014)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Mulzer, Anne Lisa (WE 12)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2014 — IX, 166 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-524-4
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/12464
    Kontakt
    Institut für Tierpathologie

    Robert-von-Ostertag-Str. 15
    14163 Berlin
    +49 30 838 62450
    pathologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Sarcocystis calchasi, ein zum Stamm der Apicomplexa zählender Parasit, wurde 2009 als Erreger der protozoären Enzephalitis der Taube (engl. Pigeon protozoal encephalitis, PPE) identifiziert. Diese zentralnervöse Erkrankung der Haustaube, die durch einen zweiphasigen Krankheitsverlauf gekennzeichnet ist, konnte bisher sowohl in Deutschland als auch in den USA nachgewiesen werden. Zur Pathophysiologie der PPE war bisher kaum etwas bekannt. Ziel dieser Arbeit war es daher, ausgewählte Komponenten der Immunantwort der Haustaube auf eine Infektion mit S. calchasi näher zu charakterisieren und Hinweise dafür zu finden, ob S. calchasi in der Lage ist, die Immunantwort seines Zwischenwirts zu beeinflussen. Zu diesem Zweck wurden zunächst Gehirne von Tauben aus der ersten (n=8) und zweiten Erkrankungsphase (n=7) auf das Vorliegen des Parasiten hin untersucht. Dies geschah sowohl mit Hilfe einer nested-PCR auf DNA-Ebene als auch immunhistochemisch mit Hilfe eines im Rahmen dieser Arbeit entwickelten für S. calchasi-spezifischen Antikörpers. Mit Hilfe der PCR konnte in den Gehirnen aller untersuchten Tiere beider Erkrankungsphasen mit einer Ausnahme in der 2. Phase DNA von S. calchasi nachgewiesen werden. In den Gehirnen der in der ersten Krankheitsphase verstorbenen Tiere lagen keinerlei feststellbare zelluläre Immunreaktionen vor. Dennoch konnten mit Hilfe des spezifischen Antikörpers in vier von acht untersuchten Tieren wenige, vereinzelt vorliegende Schizonten im Gehirn sichtbar gemacht werden. Die Tiere, die aufgrund starker neurologischer Symptome während der zweiten Erkrankungsphase euthanasiert wurden, zeigten hingegen massive lymphohistiozytäre Entzündungszellinfiltrate im Gehirn. Dennoch konnten nur in drei von insgesamt sieben untersuchten Tieren vereinzelt Gewebszysten des Erregers außerhalb der Gewebsläsionen in den unveränderten Gehirnarealen nachgewiesen werden. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe der quantitativen real-time PCR (RT-qPCR) ein Zytokinexpressionsprofil des Gehirns der infizierten Tauben für beide Krankheitsphasen erstellt. Untersucht wurden die Expressionsraten der Zytokine Interleukin (IL) 1, IL-6, IL-7, IL-12, IL-15, IL-18, Interferon gamma (IFN-γ), Tumor-Nekrose Faktorähnlicher Ligand 1A (TL1A), Lipopolysaccharid-induzierter TNF-alpha Faktor (LITAF), Transformierender Wachstumsfaktor β2 (TGF-β2) und des Chemokins IL-8. Um diese relativ quantifizieren zu können, mussten passende Referenzgene ausgewählt und die entsprechenden RT-qPCR- Untersuchungsmethoden etabliert werden. Insgesamt wurden 10 Referenzgene, nämlich β-actin (beta-actin), GAPDH (Glycerinaldehyd- 3-phosphat- Dehydrogenase), Gusb (Glucuronidase, beta), HMBS (Hydroxymethylbilan Synthase), HPRT (Hypoxanthin-Phosphoribosyl-Transferase), RPL13 (ribosomales Protein L13), RPL19 (ribosomales Protein L19), RPS7 (ribosomales Protein S7), TFRC (Transferrin- Rezeptor) und Ywhaz (Tyrosin 3-Monooxygenase / Tryptophan 5-Monooxygenase Aktivierungsprotein, zeta-Polypeptid) für die Taube etabliert. Zusätzlich zu den Zytokinexpressionen wurde mit Hilfe spezifischer Antikörper untersucht, welche Arten von Entzündungszellen an der Ausbildung der Gehirnläsionen während der zweiten Erkrankungsphase beteiligt sind. Im Ergebnis zeigte sich während der ersten Krankheitsphase, der Phase der Schizogonie, im Vergleich zu den gesunden Kontrolltieren eine Herunterregulation von IL-15, IL-18 und IFN-γ (alle drei statistisch signifikant) sowie IL-12 und eine erhöhte Expression der proinflammatorischen Zytokine IL-1β, IL-6 und des Chemokins IL-8. In der zweiten, zentralnervösen Phase hingegen erschien IFN-γ zusammen mit TL1A und LITAF signifikant hochreguliert. Diese vermehrte Expression an proinflammatorischen Zytokinen ging einher mit einer starken Expression des Oberflächenproteins MHC-II in Läsionen des Gehirns. Der Großteil der mononuklearen Zellen wurde mittels immunhistochemischer Untersuchung als T-Lymphozyten identifiziert. Zusammengefasst lassen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit vermuten, dass S. calchasi die TH1-Immunantwort seines Zwischenwirtes während der ersten Krankheitsphase manipulieren kann und auf diesem Wege eine protektive antiparasitäre, zelluläre Immunreaktion verhindert. Während der zweiten, zentralnervösen Krankheitsphase scheint es hingegen zu einer überschießenden T -Zell-vermittelten Immunreaktion im Sinne einer Typ IV Hypersensitivitätsreaktion zu kommen, welche verantwortlich sein könnte für die massiven entzündlichen Veränderungen und Läsionen im Gehirn der Tauben. Betrachtet man beide Phasen in Kombination, scheint es durchaus plausibel, dass diese komplexe Pathologie dem Parasiten die Übertragung vom Zwischenwirt zum Endwirt erleichtern könnte.