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Die veränderten Bedingungen im Gesundheitsmanagement von Milchrindern mit Fokussierung auf Krankheitsprävention und Bestandsbetreuung lassen der Früherkennung von Krankheiten eine große Bedeutung zukommen. Die Entwicklungen auf dem Gebiet des Precision Dairy Farming gehen in diese Richtung. Ziel der Arbeit war es daher zu untersuchen, ob die Diagnostik von Krankheitszuständen anhand von Langzeitmessungen der Karotinoidkonzentration in der Rindereuterhaut mit Hilfe des neu entwickelten Hautscanners WK1 (Opsolution GmbH, Kassel, Deutschland) realisiert werden kann. In der ersten Publikation erfolgten im ersten Teilexperiment Messungen an 25 klinisch gesunden Rindern, die in einem Stall unter gleichen Bedingungen und mit gleicher Fütterung gehalten wurden. Die Tiere unterschieden sich hinsichtlich des Laktationsstadiums, Alters und der Rasse. Bei allen untersuchten Tieren konnte eine Karotinoidkonzentration reproduzierbar in der Euterhaut nachgewiesen werden. Für den HS ergab sich bei Wiederholungsmessungen eine Abweichung von 12 %. Die mittlere Variation der Karotinoidwerte an drei benachbarten Messpunkten auf der Euterhaut betrug 17 %. Die Karotinoidkonzentrationen gleicher Hautareale variierten interindividuell hochsignifikant (p < 0.001). Der Median lag bei 0.88 ± 0.25 a.u. (arbitrary units = relative Einheiten). Die Variationsbreite lag bei 1.06 a.u., somit war der höchste Wert fast viermal so groß wie der niedrigste Messwert. Die mittlere Standardabweichung betrug 0.05 a.u. Zwischen täglicher Milchleistung und Hautkarotinoidkonzentration bestand nur eine sehr schwache Korrelation (R2 < 0.2). Im zweiten Teilexperiment der ersten Publikation ergaben Messungen an zehn institutseigenen klinisch gesunden Rindern über vier Tage unter standardisierten Bedingungen keine signifikanten Unterschiede der Karotinoidkonzentration zwischen den einzelnen Messzeitpunkten. Die mittlere Abweichung der Karotinoidkonzentration über den gemessenen Zeitraum lag bei 10 %. Um die Auswertungsobjektivität im Rahmen des Temperamenttests zu überprüfen, erfolgte die Einstufung der 25 Rinder aus dem ersten Teilexperiment der ersten Publikation parallel von zwei unabhängigen Personen. Die Ergebnisse ergaben keine signifikanten Unterschiede. Mit Hilfe dieses Temperamenttests wurden aus einer Gruppe von 12 Tieren sechs als „sensibel“ und sechs als „robust“ klassifiziert. Die Mediane der beiden Gruppen unterschieden sich signifikant (p < 0.05). Das allgemeine Niveau (Median für n = 6) der robusten Rinder lag bei 1.11 ± 0.24 a.u. Bei den sensiblen Rindern lag das allgemeine Niveau der Karotinoide bei 0.72 ± 0.10 a.u. Die zweite Publikation erbrachte bei Messungen über vier Wochen an sechs institutseigenen Rindern erneut den Nachweis, dass gesunde Rinder unter konstanten Haltungsbedingungen ein konstantes AOP aufweisen. Die Abweichungen betrugen im Zeitverlauf ≤ 18 %. Basierend auf diesen Ergebnissen erfolgten Messungen an 23 Rindern die an linksseitiger Labmagenverlagerung erkrankt waren innerhalb von 12 Stunden p. op. sowie in der Rekonvaleszenz und nach Genesung. Die operative Behebung der Verlagerung wurde mittels Methode nach Janowitz (n=6) bzw. Methode nach Dirksen (n=17) durchgeführt. 18 der 20 genesenen Rinder zeigten einen Anstieg der Hautkarotinoidkonzentration verglichen mit den Ausgangswerten. Es kam bei diesen Tieren 20 Tage p. op. zu einem durchschnittlichen Anstieg der Karotinoidkonzentration um 53 ± 44 % im Vergleich zum Ausgangswert. Die Differenz war statistisch hoch signifikant (p < 0.001). Bei den drei im Verlauf der Studie gestorbenen bzw. euthanasierten Tieren fiel die Karotinoidkonzentration bis zur letzten Messung vor dem Tod um 31 ± 27 % ab, der Abfall war nicht signifikant. In der dritten Publikation variierten die dermalen Karotinoidkonzentrationen der 20 gesunden Rinder von 0.39 a.u. bis zu 1.53 a.u., die interindividuellen Unterschiede waren hochsignifikant (p < 0.001). Der Median (n=20) der Hautkarotinoidkonzentration lag bei 0.80 ± 0.32 a.u., die ß-Karotinkonzentration im Plasma lag zwischen 0.92 mg/L und 5.22 mg/L. Der Vergleich der Haut- und Plasmawerte wurde unter Einbeziehung der Rückenfettdicke der Tiere durchgeführt. Ein Vergleich der Werte aller 20 Rinder ergab nur eine schwache Korrelation (R = 0.23). Der Korrelationskoeffizient der acht Tiere mit sehr schlechtem bis schlechtem Ernährungszustand lag bei R = -0.23. Der Korrelationskoeffizient der 12 Rinder mit mäßigem bis adipösem Ernährungszustand lag bei R = 0.86, die Korrelation war signifikant (p < 0.05). Sowohl die erste als auch die zweite Publikation konnten zeigen, dass sich die individuellen Karotinoidwerte der Rinder über einen längeren Zeitraum unter sich nicht verändernden äußeren Bedingungen nicht signifikant ändern. Die während der Rekonvaleszenz untersuchten Rinder der zweiten Publikation dagegen wiesen einen hoch signifikanten Anstieg der Karotinoidkonzentration auf. Zusammenfassend kann daher aufgrund der Ergebnisse aller drei Publikationen die Messung mittels HS als geeignet eingestuft werden, um die Karotinoidkonzentration beim Rind zu messen und mithilfe von Wiederholungsmessungen Rückschlüsse auf Krankheitszustände zu ziehen. Aufgrund der individuellen Messwerte der Einzeltiere, muss jedes der Tiere als seine eigene Kontrolle dienen. Besonders für die Betreuung großer Bestände könnte die Integration des HS in die Melkanlage zukünftig die Früherkennung von erkrankten, klinisch noch unauffälligen, Tieren ermöglichen.