Königsweg 63
14163 Berlin
+49 30 838 62676
gefluegelkrankheiten@vetmed.fu-berlin.de
Die Rote Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae) gehört zu den bedeutendsten Ektoparasiten in der ökologischen und konventionellen Legehennenhaltung. Silikathaltige Präparate (Silikate), die eine Alternative zu chemisch wirkenden Mitteln darstellen, haben bereits große Bedeutung in der Milbenbekämpfung erlangt und können auch in der ökologischen Tierhaltung zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden zwölf Silikate einer Charakterisierung bezüglich der Wasseraufnahmekapazität (WAK), des Siliziumdioxid-Gehaltes (SiO2-Gehalt), der Kationenaustauschkapzität (KAK), der BET-Oberfläche und des Erscheinungsbildes bei der Rasterelektronenmikroskopie unterzogen. Es zeigte sich, dass die einbezogenen Präparate sich stark hinsichtlich der analysierten Eigenschaften unterscheiden. Anschließend wurden die charakterisierten Präparate auf ihre Wirksamkeit gegen D. gallinae im Labor untersucht und miteinander verglichen. Dabei wurde ihre akarizide (milben-abtötende) Wirkung gegen zwei verschiedene Milbenstämme (Feldstamm und Laborstamm) sowie die ovizide (eiabtötende) Wirkung gegen den Laborstamm untersucht. Mittels Probit-Analyse wurde für den Mittelwert die Zeit berechnet, die benötigt wird, um 50 % (LT50) der behandelten Milben zu töten. Die Auswertung der Präparate erfolgte in zwei Gruppen, wobei sich die Gruppeneinteilung nach der Applikationsart (staubförmig und flüssig) in der Legehennenhaltung richtete. Die LT50-Werte der staubförmigen Präparate liegen zwischen 5,1 und 18,7 Stunden; die der flüssigen zwischen 5,5 und 12,7 Stunden. Insgesamt wirkten alle Silikatpräparate akarizid, aber nur eingeschränkt ovizid, wobei innerhalb der Gruppen staubförmig und flüssig signifikante Unterschiede zwischen den Präparaten (p<0,05) vorhanden waren. Zur Bestimmung des Einflusses der analysierten Parameter auf die LT50-Werte wurde eine schrittweise Regression rückwärts mit clusterrobusten Standardfehlern durchgeführt. Die Parameter WAK, KAK und BET-Oberfläche haben diesen Untersuchungen zufolge einen signifikanten Einfluss (p < 0.01) auf die Wirksamkeit der Silikate, wohingegen der SiO2-Gehalt keinen signifikanten Einfluss hat. Es gibt keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Werten der Parameter und den Gruppen flüssig oder fest. Mögliche Auswirkungen von zwei flüssig zu applizierenden Silikaten auf den Atemtrakt von Hennen bei Anwendung im belegten Stall wurden in einem anschließenden Tierversuch untersucht. Nach Schlachtung der Hennen erfolgten histologische Untersuchungen an Proben von Trachea, Lunge und Luftsack von exponierten Tieren sowie Kontrolltieren. Keine der einbezogenen Hennen zeigte hochgradige Veränderungen. Ermittelte Staubablagerungen in der Lunge traten in diesem Teil der Untersuchungen nur vereinzelt auf und betrafen nicht nur die Versuchs-, sondern auch die Kontrollgruppen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass die Ausbringung flüssiger Silikatpräparate nicht zu akuten Veränderungen im Atemtrakt führte. Im Rahmen dieses kurzen Versuchszeitraumes konnte nicht erfasst werden, ob eine langfristige Exposition zu entsprechenden Veränderungen im Atemtrakt führen kann. Eine Möglichkeit, diese Fragestellung zu beantworten, bestand durch die Untersuchung von zehn über ein Jahr mit Silikatstaub exponierten Hennen aus einem Praxisstall. In den Lungen aller Tiere und den Luftsäcken von drei der zehn Tiere konnte fremdes Material nachgewiesen werden, bei dem es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Staubpartikel handelte. Ein klarer Zusammenhang zwischen den gefundenen Staubpartikeln und den verwandten Silikatpräparaten konnte nicht bewiesen werden. Parallel wurden Erhebungen zur Entwicklung des Milbenbefalls auf 17 ökologischen Legehennenbetrieben durchgeführt. Dabei wurde auch die Milbenbekämpfungsstrategie erhoben, wobei unterschieden wurde nach durchgeführten Silikatbehandlungen bezogen auf den Zeit-punkt vor der Einstallung der Legehennen (Prophylaxe), die Durchführung eines eigenen Monitorings und die Anwendung von Milbenbekämpfungsmaßnahmen im belegten Stall während des Erhebungszeitraumes. Sowohl hinsichtlich des Milbenbefalls als auch hinsichtlich der Milbenbekämpfungsstrategie zeigten sich große Unterschiede zwischen den Betrieben. Die im Institut für Tierschutz und Tierhaltung Celle (FLI) modifizierten Milbenfallen zur Befallerhebung erwiesen sich als praxistauglich. Prophylaxe und Monitoring sind wichtige Elemente einer erfolgreichen Milbenbekämpfung. Betriebe, die Bekämpfungsmaßnahmen nach der Einstallung durchführten, zeigten insgesamt keinen geringeren Milbenbefall als Betriebe ohne Bekämpfungsmaßnahmen. Dies könnte neben anderen Faktoren möglicher-weise darauf zurückzuführen sein, dass Betriebe mit starkem Milbenbefall eher Bekämpfungsmaßnahmen anwenden. Es konnte gezeigt werden, dass teilweise auf Betrieben mit hohem Milbenbefall die Milbenzahl trotz Bekämpfungsmaßnahmen zwar hoch war, aber konstant gehalten wurde und nicht weiter anstieg.