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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Untersuchungen zum Effekt der Aminosäure L-Tyrosin auf die Fruchtbarkeit der Hündin (2014)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Spankowsky, Sonja (WE 19)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2014 — 60 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-448-3
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8231
    Kontakt
    Tierklinik für Fortpflanzung

    Königsweg 65
    Haus 27
    14163 Berlin
    +49 30 838 62618
    fortpflanzungsklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die Aminosäure Tyrosin dient als Substrat für die Katecholamine Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin. Katecholamine kontrollieren als Neurotransmitter die pulsatile GnRH-Ausschüttung und haben somit Einfluss auf die Hypothalamus- Hypophysen-Gonaden Achse. Diese Zusammenhänge führten zu der Durchführung einer Reihe von Studien über den Effekt von Tyrosin auf verschiedene Fruchtbarkeitsparameter bei weiblichen Haussäugetieren. Abgeleitet von Ergebnissen dieser Untersuchungen wird in der entsprechenden Fachliteratur u.a. die Verabreichung von 100 mg/kg KM Tyrosin an Hündinnen während der Läufigkeit empfohlen, um das Deckverhalten und die Fruchtbarkeit während des Östrus zu verbessern. Die Evidenz der Kenntnislage ist jedoch gering. Daher bestand das erste Ziel der vorliegenden Arbeit darin, eine systematische und statistische Analyse der vorhandenen Literatur vor dem Hintergrund der Evidenz-basierten Veterinärmedizin durchzuführen (Veröffentlichung 1). Im Anschluss an diese erste Untersuchung stand die Durchführung einer eigenen Studie (Veröffentlichung 2). Diese mittels Placebo kontrollierte Doppelblindstudie zur Applikation von Tyrosin bei der Hündin entspricht dem heutigen wissenschaftlichen Standard (Artikel 2). Bei der Analyse der verfügbaren Literatur wurden 17 Studien anhand von Evidenzkriterien ausgewertet und verglichen. Der Effekt von Tyrosin auf verschiedene Fruchtbarkeitsparameter wurde bei weiblichen Rindern, Schweinen, Ratten und Hunden untersucht. Der Großteil dieser Studien stammt aus den 80er bzw. frühen 90er Jahren. Vielfach fielen bei der Analyse methodische Mängel auf. Hierzu zählten unter anderem das Fehlen von Kontrollgruppen, einer Randomisierung und Verblindung der Studien oder der Berechnung der statistischen Signifikanz der Ergebnisse. Die beiden vorhandenen Untersuchungen an Hunden weisen alle genannten Mängel auf. Die Ergebnisse verschiedener Studien wichen deutlich voneinander ab und waren teilweise sogar widersprüchlich. Insgesamt musste daher festgestellt werden, dass nur wenig wissenschaftlich relevante Quellen vorliegen. Heterogene Ergebnisse der vorhandenen Studien deuten die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen über den Effekt und die Dosierung vonTyrosin an, um die Anwendung in der Praxis empfehlen zu können. Ziel der eigenen Studie war es, den Effekt einer oralen Gabe von Tyrosin auf den Serumspiegel von Östradiol-17β und das Östrusverhalten der Hündin zu untersuchen. Die erforderliche Tierzahl wurde über ein entsprechendes Kalkulationsprogramm auf der Grundlage der folgenden Hypothese berechnet: Als Referenzwert für die mittlere Östradiol-17β- Konzentration am Tag der Ovulation wurden 164,4 ± 54,3 pmol/L zugrundegelegt. Im Vergleich zur Placebogruppe wurde in der Verumgruppe ein Anstieg des mittleren Östradiolwerts um >40 pmol/L angenommen. 50 Hündinnen wurden nach einer Randomisierungsliste auf zwei Behandlungsgruppen aufgeteilt, in welcher jeweils 100 mg/kg/Tag Tyrosin oder Milchzucker als Placebo zwischen dem dritten und dem neunten Läufigkeitstag verabreicht wurden. Alle zwei bis drei Tage wurden die Tiere gynäkologisch untersucht und zur Bestimmung der Östradiol-17β- und Progesteronwerte Blutproben entnommen. Die gynäkologische Routineuntersuchung bestand aus Adspektion, Vaginoskopie und der Zytologie eines Vaginalabstriches. Der Ovulationstag wurde anhand der klinischen Befunde sowie entsprechend der vom Labor vorgegebenen Referenzwerte festgelegt, sobald der Progesteronspiegel 12,7 nmol/L überschritt. Zusätzlich zu den klinischen Untersuchungen wurden die Besitzer gebeten, das Deckverhalten sowie den vaginalen Ausfluss im Vergleich zu vorangegangenen Läufigkeiten zu beurteilen. Zur Protokollierung dieser Beobachtungen wurden standardisierte Fragebögen ausgeteilt. 24 bis 28 Tage nach der ersten Belegung der Hündinnen wurden Trächtigkeitsuntersuchungen per Ultraschall durchgeführt. Nach Abschluss der Datenaufnahme wurde die Verblindung aufgeschlüsselt und die Befunde in vier zeitbezogene Intervalle aufgeteilt: Ovulationstag ±1 d, 2-4 d vor Ovulation, 5-7 d vor Ovulation und 8+ d vor Ovulation. Der mittlere Ovulationstag lag 11,4 ± 1,94 Tage nach Beginn des Proöstrus. In der Verumgruppe (n = 25) akzeptierten bei der Belegung zwei Hündinnen den Rüden nicht und in einem Fall zeigte der Rüde kein Interesse. 17 Hündinnen (68 %) bekamen Welpen. In der Placebogruppe (n = 25) zeigten vier Hündinnen vermindertes Paarungsverhalten, jedoch konnten alle belegt werden. 20 Hündinnen bekamen Welpen (80 %). Unterschiede in Farbe und Menge des vaginalen Ausflusses gab es zwischen den Gruppen nicht. Am Ovulationstag betrug die mittlere Östradiol-17β- Konzentration in der Verumgruppe 163,4 ± 88,6 pmol/L und in der Placebogruppe 162,2± 89.7 pmol/L. Keine signifikanten Unterschiede der Östradiol-17β-Werte wurde in den Tagen vor der Ovulation gefunden. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die orale Verabreichung von 100 mg /kg /Tag Tyrosin am dritten bis neunten Läufigkeitstag keinen Einfluss auf die Östradiol-17β- Konzentration bei Hündinnen hat. Im Gegensatz zu den Annahmen der Fachliteratur konnten weder Anzeichen die Läufigkeitsblutung noch das Deckverhalten beeinflusst werden. Um zu klären ob die Anwendung in der Praxis weiterhin empfohlen werden kann, sollten weitere Untersuchungen über Dosis und Wirksamkeit durchgeführt werden.