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Hintergrund: Das Schwein als Monogastrier ist auf eine leicht verdauliche Phosphorquelle angewiesen. Deshalb wird dem veganen Futter anorganischer Phosphor aus Minen hinzugesetzt. Der Preis für Rohphosphat ist in den vergangenen Jahren jedoch um ein Vielfaches gestiegen und durch den Zusatz montanen Phosphats erhöht sich der Nährstoffanteil in Wirtschaftsdüngern. Vor allem in Regionen mit einem hohen Tier-Ackerfläche-Verhältnis sind landwirtschaftliche Flächen nicht zuletzt durch die Ausbringung dieser Dünger oft überexponiert an Mineralien wie Phosphor und Stickstoff. Durch anschließendes Auswaschen in die Gewässer erhöht sich der Nährstoffgehalt mit teils dramatischen ökologischen Folgen. Wird dem Schweinefutter das Enzym Phytase zugesetzt, kann das in Pflanzen natürlich vorkommende phosphorhaltige Molekül Phytat im Magen-Darmtrakt aufgespalten werden. Somit erhöht sich der Anteil verdaulichen Phosphors und anorganische Ressourcen können eingespart werden. Zielsetzung: In dieser Studie sollte der Frage nachgegangen werden, ob das Verfüttern einer stark Phosphor-reduzierten Ration (Versuchsgruppe, V) bei zusätzlicher Gabe mikrobieller Phytase auf Mastschweine vom Absetzen bis zum Ende der Mast negative Auswirkungen hat. Als Kontrollgruppe (K) fungierte hierbei eine in Westfalen für Eigenmischer übliche Standard-P-reduzierte Ration. Insgesamt sollten alle erhobenen Werte auf den Einfluss der Faktoren Diät, Geschlecht und Tageszunahme (über-/unterdurchschnittlich) überprüft werden. Material und Methoden: In der Ferkelaufzucht wurden die Tiere masseabhängig zweiphasig durch eine Trockenfütterung versorgt (K: P 5,9/4,8 g/kg, Ca 8,3/6,9 g/kg, Phytase 500/500 FTU/kg; V: P 4,5/4,5 g/kg, Ca 5,8/6,6 g/kg, Phytase 1000/1000 FTU/kg). In der Mast erfolgte eine dreiphasige Flüssigfütterung (K: P 4,6/3,6/3,8 g/kg, Ca 10,3/ 5,3/4,7 g/kg, Phytase 500/500/250 FTU/kg; V: P 4,0/3,4/3,4 g/kg, Ca 6,8/5,1/5,3 g/kg, Phytase 1000/ 1000/500 FTU/kg). Ab einer Lebendmasse (LM) von 40 kg wurde in der Versuchsgruppe auf den Zusatz von anorganischem Phosphat verzichtet. Zu den erhobenen Messwerten zählten ausgewählte Messgrößen der Mastleistung und zur Bewertung der Schlachtkarkasse wurde der Indexpunkt je kg Schlachtmasse herangezogen. Um einen Einblick in die Auf- und Abbauverhältnisse des Knochens in vivo zu erlangen wurde der Serumgehalt der Knochenmarker Osteocalcin und ß-Crosslaps bei 40 kg und 110 kg LM analysiert. Nach der Schlachtung mit ca. 120 kg LM gehörte die Bestimmung der Bruchfestigkeit und Zusammensetzung der Metakarpi III zu den geprüften Kriterien. Ergebnisse: Beim Faktor Diät wurde durch die Maßnahme der starken P-Reduktion sowohl in der Ferkelaufzucht als auch in der Mast kein statistisch signifikanter Einfluss auf die Schlachtkörperbewertung oder die Kennwerte der Mastleistung festgestellt. Davon ausgeschlossen war die Dauer der Endmast, die sich in der Versuchsgruppe statistisch signifikant um 2,3 Tage verlängerte. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Diäten zeigten sich auch in den Osteocalcinanalysen bei 40 kg und 110 kg LM. Die Konzentrationen waren jeweils in der Versuchsgruppe geringer. Die ß-Crosslapskonzentration wurde weder von der Diät und dem Geschlecht noch von der Tageszunahme beeinflusst. Im Vergleich beider Geschlechter fiel auf, dass die Sauen eine in der End- und Gesamtmast geringere Futteraufnahme, in der Mittelmast eine geringere Tageszunahme und längere Mast-dauer, aber einen höheren Indexpunkt je kg Schlachtmasse erreichten (jeweils statistisch signifikant). Die Metakarpi der Sauen hatten einen statistisch signifikant höheren Ca-Gehalt. Bei dem Faktor tägliche Zunahme wurde ein statistisch signifikant höheres LM bei Tieren mit überdurchschnittlichen Tageszunahmen bei Ende der Ferkelaufzucht bzw. bei Mastbeginn und Mastende festgestellt. Erwarteterweise benötigten diese Tiere eine in der Mittel-, End- und Gesamtmast kürzere Dauer zum Erreichen der jeweiligen Schwellenmasse. Es wurde eine statistisch signifikante negative Korrelation der Tageszunahme mit der Bruchfestigkeit und der Trockensubstanz der Metakarpi beobachtet. Zwischen der Bruchfestigkeit und der Strecke (L) bei maximaler Krafteinwirkung (Fmax) bestand eine positive Korrelation. Die ß-Crosslapskonzentration bei 40 kg LM korrelierte positiv mit der bei 110 kg LM und der Trockensubstanz der Knochen. Der Serum-Osteocalcingehalt bei 110 kg LM korrelierte statistisch signifikant positiv mit den Rohasche-, Ca- und P-Gehalten der Knochen. In der Rohaschekonzentration bestand eine statistisch signifikante positive Korrelation zum Ca- und P-Gehalt, die ebenfalls miteinander korrelierten. Bei mind. 13 % der Tiere wurden Lahmheiten und/oder Gelenkauffälligkeiten in Form von Osteochondrosis dissecans festgestellt. Die Pathologien traten in beiden Diäten auf, waren aber vor allem in Buchten mit verringerter Bewegungsmöglichkeit gehäuft. Schlussfolgerung: Die starke Phosphorreduktion hatte weder auf die geprüften Kennwerte der Mastleistung noch auf die der Schlachtkörperqualität einen negativen Einfluss. Die in der Kontroll- und Versuchsgruppe aufgetreten Bewegungsauffälligkeiten lassen keinen direkten Zusammenhang zur Maßnahme der P-Reduktion nachweisen. Weitere Forschungsvorhaben sollten den unteren Grenzwert der mittlerweile etablierten, praxisüblichen P-reduzierten Rationen kritisch hinterfragen. Die nachgewiesenen Serumosteocalcinkonzentrationen implizieren eine in der Versuchsgruppe erhöhten verdaulichen P-Gehalt. Daraus kann abgeleitet werden, dass die verwendete Phytase (Natuphos 5000L®) eine höhere Effektivität zur Phosphatfreisetzung aus Phytat besitzt als bisher bekannt.