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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Therapeutischer Nutzen der Anwendung einer CpG-ODN GNP-Inhalationslösung zur Behandlung der COB-Erkrankung des Pferdes:
    eine klinische Feldstudie, einschließlich der Erhebung allgemeiner statistischer Daten zur COB-Erkrankung in Deutschland anhand eines Fragenbogens (2013)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Lehmann, Beatrice (WE 17)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2013 — XIV, 213 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-404-9
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/9904
    Kontakt
    Pferdeklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62299 / 62300
    pferdeklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die chronisch obstruktive Bronchitis (COB) ist die in der nördlichen Hemisphäre am häufigsten auftretende Atemwegserkrankung des Pferdes. Sie beruht auf dem Zusammenspiel bestimmter genetischer und umweltassoziierter Faktoren und tritt daher auch bei betroffenen Pferden nur nach Allergenkontakt auf. In Bezug auf ihre Pathologie ist die COB-Erkrankung des Pferdes daher mit der humanen Asthmaerkrankung vergleichbar. Die COB führt in hochgradigen Fällen zu einem enormen Leidensdruck bei den betroffenen Patienten und stellt auch für die Pferdebesitzer eine außerordentlich große emotionale sowie finanzielle Belastung dar. Der weiteren Erforschung der Ätiologie, Pathologie und langfristiger Therapiemöglichkeiten dieser Erkrankung sollte daher oberste Priorität eingeräumt werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, zum einen unter Zuhilfenahme einer Fragebogenhomepage allgemeine Daten zur COB- Erkrankung in Deutschland zu erheben und Patienten für die im Anschluss durchgeführte, klinische Feldstudie zu akquirieren. Zum anderen wurde in einer doppelt verblindeten, prospektiv randomisierten und placebokontrollierten Feldstudie die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer inhalativen Verabreichung von Cytosin-Phosphat-Guanin- Oligodeoxynukleotiden (CpG-ODN), gebunden an ein nanopartikuläres Trägersystem als ein neues Therapieverfahren zu Behandlung der COB-Erkrankung des Pferdes überprüft. Die Fragebogenhomepage wurde in Kooperation mit der Rechnerbetriebsgruppe der LMU München unter Verwendung des LimeSurvey®-Programmes erstellt. Mit Hilfe der Homepage wurden Daten über das erstmalige Auftreten der COB-Erkrankung, über unterschiedliche Verlaufsformen, über eine etwaige Symptomvarianz, über die Entwickelung der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Patienten, über den An- und Verkauf COB-kranker Pferde und über die Art der durchgeführten Diagnosestellung und Therapie seitens der behandelnden Tierärzte erhoben. Insgesamt konnten 266 vollständig ausgefüllte Fragebögen ausgewertet werden. Die Analyse der Fragebögen zeigte, dass das Durchschnittsalter für das erstmalige Auftreten der COB-Erkrankung in Deutschland 10,10 Jahre (SE = 0,297) betrug und in 70% der Fälle Krankheitsexazerbationen auftraten, bei denen die Krankheitssymptome über rund acht Wochen bestehen blieben. Der Kontakt zu trockenem Heu wurde in über der Hälfte der Fälle (52,3%) als Auslöser für eine Krankheitsexazerbation ermittelt. Der anhand des Umfrageergebnisses errechnete zeitliche Abstand zwischen zwei Krankheitsexazerbationen betrug im Durchschnitt acht Monate. Anhand der eigenen Untersuchungen konnte belegt werden, dass sowohl die Anzahl als auch das Ausmaß der auftretenden Krankheitssymptome im Laufe der Erkrankung deutlich zunahmen. Den größten Zuwachs im Rahmen von Exazerbationen der COB-Erkrankung erfuhren hierbei die Krankheitssymptome „verstärkt abdominale Atmung“ (Anstieg um 16,5%), „verminderte Leistungsfähigkeit“ (Anstieg um 12,8%) und „Husten zu Beginn der Belastung“ (Anstieg um 10,5%). In über der Hälfte der Fälle (65%) nahm die Leistungsfähigkeit der Pferde laut Angaben der Besitzer deutlich ab. Sofern es nach dem Auftreten der COB- Erkrankung überhaupt noch zu einer Teilnahme an reitsportlichen Wettbewerben kam, wurde eine Abnahme der erzielten Turniererfolge um rund zehn Prozent festgestellt. Als durchschnittliche jährliche Mehrkosten für die Pferdebesitzer aufgrund der COB-Erkrankung ihres Pferdes wurde ein Betrag von 856 € (SE = 65,9) ermittelt. Vermutlich führten all die festgestellten negativen Faktoren in ihrer Gesamtheit dazu, dass in 71,4% der Fälle ein erneuter Erwerb eines COBkranken Pferdes von den Pferdebesitzern kategorisch abgelehnt wurde. Die Ergebnisse der Umfrage zeigten einerseits, dass das gewählte Medium von den Pferdebesitzern gut angenommen wurde und sich mit Hilfe einer Fragebogenhomepage sehr leicht studienbegleitend Daten zu tiermedizinischen Fragestellungen erheben ließen. Die Erstellung einer Homepage, anhand derer sich der Erfolg eines Therapieverfahrens belegen lässt oder die zur Diagnosestellung von Krankheiten dient, könnte eine sinnvolle Weiterentwicklung der in dieser Arbeit verwendeten Fragebogenhomepage darstellen. Zusammenfassend lässt sich als Ergebnis der eigenen Umfrage festhalten, dass es sich bei der COB-Erkrankung des Pferdes in Deutschland um eine chronischprogressive Erkrankung handelt, bei welcher im Rahmen von Exazerbationen über einen Zeitraum von zwei Monaten Krankheitssymptome in zum Teil höchstgradiger Ausprägung bei den betroffenen Patienten bestehen bleiben. Der Erforschung von Therapiemöglichkeiten, die eine langfristige Besserung dieser Symptome bei COB-kranken Pferden bewirken, sollte daher oberste Priorität eingeräumt werden. Die im Rahmen des zweiten Teils dieser Arbeit verwendete CpG-ODNInhalationslösung stellt einen neuen und vielversprechenden therapeutischen Ansatz mit möglicherweise langfristiger Wirkung zur Behandlung der COBErkrankung des Pferdes dar. Durch die Verwendung der CpG-ODN/GNP Inhalationslösung sollte ein immunmodulatorischer Effekt („Th1-Shift“) bei den Patienten im Feldversuch induziert werden. Dieser Effekt wurde bereits in vorangegangenen in vitro und tierexperimentellen in vivo Studien nachgewiesen. Da die Wirkung von CpG-ODN auf große Säugetiere weniger stark ausgeprägt ist (als vergleichsweise bei Nagetieren), wurden Gelantinenanopartikel (GNP) als Transportsystem für die CpG-ODN verwendet. Diese schützten die CpG-ODN vor einem vorzeitigen Abbau durch körpereigene Nukleasen und führten zu einer Wirkungsverstärkung in den Zielzellen. In die klinische Feldstudie wurden insgesamt 24 Pferde aufgenommen, deren Besitzer sich über die Fragebogenhomepage um eine Aufnahme ihres Pferdes in die Studie beworben hatten oder die von ihren Haustierärzten überwiesen worden waren. Bei jedem der Patienten wurde zunächst anhand eines etablierten Scoringsystems der momentane Schweregrad der Erkrankung („gering - mittelgradig“ bzw. „hochgradig“) ermittelt. Unter Berücksichtigung des zuvor erhoben „Krankheitsscores“ erfolgte eine Zuteilung zur Verum- oder Placebogruppe per Losverfahren. Die Placebogruppe bestand aus jeweils vier gering-mittelgradig und vier hochgradig erkrankten Patienten, die Verumgruppe aus jeweils acht gering-mittelgradig und acht hochgradig erkrankten Patienten. Die Patienten beider Gruppen wurden fünfmal (im Abstand von jeweils zwei Tagen) inhaliert, wobei die Patienten der Verumgruppe die CpG-ODN/GNPInhalationslösung (0,18mg CpG-ODN gebunden an 3,75mg GNP, gelöst in 2,5ml hochgereinigtem Wasser) verabreicht bekamen. Die Patienten der Placebogruppe wurden nur mit hochgereinigtem Wasser und GNP inhaliert, wobei der Anteil der CpG-ODN in der Inhalationslösung vollständig durch hochgereinigtes Wasser ersetzt wurde. Nach Abschluss der Inhalationstherapie wurde eine erste und zweite Nachuntersuchung (jeweils einen Tag nach der letzten Inhalationsbehandlung und nach vier Wochen) durchgeführt, um mögliche Therapieerfolge sowohl direkt im Anschluss an die Behandlung als auch mit größerem zeitlichem Abstand nachweisen zu können. Ziel der praktischen Studie war es, die positive Wirkung der verwendeten Inhalationslösung anhand unterschiedlicher klinischer Parameter (Ruheatemfrequenz, Atemtyp, Nasenausfluss, Befunde der Lungenauskultation, arterielle Blutgasanalytik, Interpleuraldruckmessung) sowie anhand endoskopisch bestimmbarer Parameter (Sekretmenge, Sekretviskosität, Beurteilung der Bifurcatio tracheae) und anhand einer zytologischen Untersuchung des Tracheobronchialsekrets nachzuweisen. Bei keinem der Patienten konnten während oder nach der Inhalationstherapie lokale oder systemische Unverträglichkeiten festgestellt werden, was für die gute Verträglichkeit der verwendeten Dosis und des verwendeten Inhalationsprotokolls sprach. Innerhalb der beiden Placebogruppen (gering- mittelgradig und hochgradig erkrankte Patienten) konnten für keinen der untersuchten Parameter signifikante Verbesserungen aufgezeigt werden. Darüber hinaus belegten die Ergebnisse innerhalb der Placebogruppen jedoch, dass auch die alleinige inhalative Anwendung von GNP beim Pferd gut verträglich war. In beiden Verumgruppen kam es hingegen nach fünfmaliger Inhalation mit der CpG- ODN/GNP-Inhalationslösung zu einer signifikanten Verbesserung der Atemfrequenz und des Sauerstoffpartialdruckes. Die durchschnittliche endoskopisch ermittelte Menge an Tracheobronchialsekret nahm in der Gruppe der gering- mittelgradig erkrankten Pferde nach fünf Inhalationen hochsignifikant ab, zusätzlich konnte auch ein signifikanter Langzeiteffekt für diese Reduktion belegt werden. In der Gruppe der hochgradigen COB-Patienten kam es zu einer signifikanten Abnahme der Sekretmenge, die ebenfalls über vier Wochen anhielt. Der gezeigte Atemtyp war bei der ersten Nachuntersuchung in der Verumgruppe der gering-mittelgradig erkrankten Pferde sehr signifikant und in der Verumgruppe der hochgradig erkrankten Patienten hochsignifikant verbessert, und in beiden Verumgruppen ließ sich ein signifikanter Langzeiteffekt dieses Befundes nachweisen. Deutliche Hinweise für das Vorliegen einer hypoxischen Stoffwechsellage stellen sowohl die Erhöhung der Atemfrequenz als auch die Abnahme des arteriell gemessenen Sauerstoffpartialdruckes dar. Die synchrone Verbesserung beider Untersuchungsparameter zeigte folglich, dass sich die bei COB-Patienten vorliegende Störung des pulmonalen Gasaustausches durch nur fünfmalige Inhalation mit der CpG-ODN/GNP-Inhalationslösung signifikant verbesserte. Es ist darüber hinaus davon auszugehen, dass durch die Reduktion der Sekretmenge in den Atemwegen die für die Patienten oft quälende Hustensymptomatik deutlich und langfristig gemindert werden konnte. Der zu Therapiebeginn festgestellte, unphysiologische Atemtyp war Zeichen einer erhöhten maximalen Interpleuraldruckdifferenz (ΔPplmax), die auf die bei COBPatienten immer vorliegende Bronchokonstriktion zurückzuführen war. Die Verbesserung des von den Patienten gezeigten Atemtypes war demnach auch als Hinweis für eine Abnahme der vorliegenden Bronchokonstriktion zu werten. Somit konnte durch nur fünfmalige Verwendung der CpG-ODN/GNPInhalationslösung einer der drei hauptsächlichen Pathomechanismen der COBErkrankung höchst erfolgreich und mit Ausprägung eines Langzeiteffektes therapiert werden. Entsprechende Langzeiteffekte sind (nach Kenntnisstand der Autorin) bisher ohne eine gleichzeitige Verbesserung der Haltungsbedingungen mit keinem anderen Therapieverfahren erzielt worden. Abschließend ist daher festzuhalten, dass die vorliegende Studie den Nachweis für die Durchführbarkeit einer Inhalationstherapie mit CpG-ODN/GNPInhalationslösungen unter Feldbedingungen und deren gute therapeutische Wirksamkeit erbringt. Besonders ist hierbei hervorzuheben, dass mit dem durchgeführten Therapieprotokoll ein positiver Langzeiteffekt bei sieben der zehn untersuchten Parameter (Atemtyp, Nasenausfluss, Auskultationsbefund, Sekretmenge, Sekretviskosität, Aussehen der Bifurcatio tracheae und Anzahl der neutrophilen Granulozyten an der Gesamtzellzahl des TBS bei hochgradig erkrankten Patienten) erzielt werden konnte. Daher sollte der immunologische Mechanismus („Th1-Shift“), auf dem die therapeutische Wirkung der verwendeten Inhalationslösung beruht, in zukünftigen Studien noch genauer erforscht werden, um eine Verstärkung oder Verlängerung der therapeutischen Effekte forcieren zu können. Die Anwendung einer CpG-ODN/GNP-Inhalationslösung in Kombination mit der spezifischen Immuntherapie (SIT) könnte zu einer weiteren Verstärkung der positiven Wirkungen führen und sollte daher in zukünftigen Arbeiten untersucht werden.