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Schwanzbeißen ist ein weitverbreitetes Problem in der Schweineproduktion. Es führt zu Einschränkung des Tierwohlbefindens und zu ökonomischen Verlusten. Als Ursache vermutet wird eine Vielzahl an Umwelt-, Ernährungs- und Managementfaktoren; ein einzelner konkreter Auslöser wurde bisher nicht gefunden. Ziel dieser Arbeit war es, in der Literatur als Ursache für Schwanzbeißen genannte Faktoren in Felduntersuchungen wiederzufinden. Zu diesem Zweck wurden auf drei Schlachtbetrieben 16.488 Mastschweine aus 179 landwirtschaftlichen Betrieben in der post mortem auf Schwanzspitzenläsionen untersucht. In 51 dieser Ursprungsbetriebe (33 konventionell und 18 ökologisch arbeitend) wurden Informationen bezüglich der Haltungsbedingungen durch Interviews zusammengefasst und die Landwirte nach persönlicher Einschätzung zu vermuteten Gründen und eventuell getroffenen Gegenmaßnahmen des Schwanzbeißens befragt. Ergänzend erfolgte auf 31 dieser Betriebe (26 konventionell und 5 ökologisch arbeitend) eine Begehung. Die Ergebnisse der Betriebsbegehungen wurden über definierte Faktoren (Luft, Beschäftigungsmaterial, Helligkeit, Aktivität und optische Eindruck der Tiere) und mit Hilfe von Kategorisierungen vereinheitlicht (1 bis 3, dabei stellte 1 die optimale Ausgangsbedingung dar) ausgewertet. 3,5 % (542) der Schweine aus konventioneller Herkunft und 11,8 % (113) aus ökologisch arbeitenden Betrieben wiesen Schwanzspitzenläsionen (SSL) auf. Das Aufkommen an SSL auf den ökologisch arbeitenden Betrieben stieg durch einen Betrieb an (Ausreißerbetrieb), auf dem ein Management-Fehler aufgetreten war. Die Chance für das Auftreten von Schwanzspitzenläsionen unter bestimmten Haltungsbedingungen wurde mit Hilfe von Odds Ratios (OR) überprüft. Ohne die Schweine des Ausreißerbetriebes lagen alle OR unter 2 (p>0,05). Sobald die Befragungsergebnisse des Ausreißerbetriebes mit einflossen, stiegen die bis auf Werte von 10 an und wurden signifikant (p<0,01). Nach Einschätzungen der Landwirte lag der Fokus der vermuteten Ursachen bei Überbelegung der Buchten und klimatischen Einflüssen. Gegenmaßnahmen ergriffen 72,5 %. Als Maßnahme gaben 15,7 % der Landwirte das Entfernen des Beißers in eine andere Bucht an. In den meisten Mehrfachantworten war „Beißer entfernt“ ebenfalls als Maßnahme genannt. Bei den Betriebsbegehungen lag die Mehrzahl der konventionell arbeitenden Betriebe bei den Faktoren Luft, Helligkeit und Aktivität der Tiere in Kategorie 1, bei dem Faktor Beschäftigungsmaterial lagen 61,5 % in der Kategorie 2. 80 % bis 100 % der ökologisch arbeitenden Betriebe wurden in Bezug auf die Gesamtheit der Kategorie 1 zugeordnet. Ein konkreter Einflussfaktor auf SSL wurde nicht gefunden, wie es auch in der Literatur angegeben wird. Trotz der hohen OR und deutlicher Signifikanzen unter Einbeziehung des Ausreißerbetriebes waren die Ergebnisse nicht aussagekräftig genug, um einen generellen Einflussfaktor zu identifizieren. Ursachen und Bewertungen der Landwirte bezüglich eigener Erfahrungen mit dem Schwanzbeißerphänomen auf den Betrieben und getroffenen Ursachen werden diskutiert, sie spiegeln Befragungsergebnisse aus der Literatur wider. Die für die Betriebsbegehungen verwendete Kategorisierung stellt eine Möglichkeit dar, Eindrücke zu objektivieren und somit vergleichbar zu machen.