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Die Haltungsumstände von und der Umgang mit Tieren wird zunehmend, auch kritisch, hinterfragt. Diese Arbeit beschreibt Haltungsumstände von Pferden in Bezug auf das Tierwohlbefinden. Hierzu wurde ein Fragebogen in Anlehnung an Vorgaben und Empfehlungen in der Literatur erstellt. 83 Betrieben und 1580 Pferden wurden besucht. Ergebnisse: Die Betriebe: Die Betriebsgröße lag zwischen 2 und 220 Pferde. Die erfassten Betriebe waren im Median zu 91,7 % ausgelastet und besaßen häufig mehrere Betriebsschwerpunkte, sie waren infrastrukturell gut ausgestattet. So verfügten 63,9 % aller Betriebe über mindestens eine Reithalle und bis auf einen Betrieb verfügten alle Betriebe über Weideflächen. Alle Arbeiten rund um das Pferd (Fütterung, Misten, Verbringen der Pferde auf die Weide o. Ä.) wurden hauptsächlich durch die Betriebe vorgenommen. Die Tiere: Die erfasste Population bestand aus 47,9 % Stuten, 11,4 % Hengsten und 40,7 % Wallachen. Der Altersmedian lag bei 7 Jahren. 35,6 % der Pferde wurden als Sport-, 19,5 % als Freizeit-, 7,2 % als Arbeits- und 14,2 % als Zuchtpferde genutzt. Der Anteil der nicht genutzten Pferde lag bei 23,5 %. Haltungsumstände: Der Anteil der Einzelhaltung lag bei 68 %. Die meisten Pferde in Einzelhaltung waren in Außenboxen untergebracht (42,7 %). 32,7 % der Einzelboxen waren unter Beachtung der einschlägigen Empfehlungen zu klein, auch im Gruppenhaltungsbereich waren der Gruppenlaufstall und die Gruppen-Auslaufhaltung größtenteils und teilweise auch deutlich zu klein in Relation zu der Anzahl der dort untergebrachten Tiere. In keinem Fall wurden alle Empfehlungen zur Boxeneinrichtung (beispielsweise Höhe der Boxentrennwand, Stallgassenbreite, Höhe der Krippensohle) eingehalten. Die empfohlenen Stallklimaparameter, insbesondere Luftgeschwindigkeit und Lichtstärke im Haltungsumfeld, wurden häufig nicht eingehalten. 19,9 % aller Pferde hatten keine Möglichkeit zu direktem Sozialkontakt mit Artgenossen. Die Tiere verbrachten teilweise mindestens 19,9 Stunden täglich im jeweiligen Haltungssystem. Die häufig geäußerte Vermutung „Pferde stehen heutzutage oft nur in der Box“ konnte im Rahmen dieser Studie damit bestätigt werden. Arbeit und Bewegung: Keinen Auslauf bzw. Weidegang erhielten im Sommer 5,6 % und im Winter 23,4 % der erfassten Pferde. Die Dauer des Weidegangs unterschied sich deutlich zwischen Sommer und Winter. Im Sommer erhielten 26 % der Pferde 16 bis 24 Stunden Weidegang. Im Winter sank dieser Anteil auf 10 %. Die Pferde wurden zu großen Teilen täglich gearbeitet, zwischen Sommer und Winter bestanden nur geringe Unterschiede. Die Dauer des Trainings unterschied sich je nach Nutzungsart. Der Mittelwert des durchschnittlichen maximalen Trainings betrug bei Sportpferden im Sommer 1,1 Stunden resp. 1 Stunde im Winter. Die Dauer für Freizeitpferde lag im Sommer bei 0,8 Stunden und im Winter bei 0,9 Stunden. Fütterung: Ein Großteil der Pferde erhielt zwei Mal täglich Raufutter und 83,8 % aller Pferde erhielten Kraftfutter. Auch Ergänzungsfuttermittel wurden einem Großteil der Pferde gefüttert. 72 % der Besitzer glaubten, dass sie über ein ausreichendes Wissen im Bereich Pferdeverhalten/ -haltung verfügten und 73,3 % der Besitzer hielten die Haltung ihres Pferdes für artgerecht. Fazit: Es konnte gezeigt werden, dass Empfehlungen zum Gesundheitsmanagement, zur Haltungsystemgröße und –einrichtung, zur Dauer und Häufigkeit der freien Bewegung, zu Sozialkontaktmöglichkeiten, zur Fütterung und zum Stallklima nicht immer umgesetzt werden. Es ist zu fragen, inwieweit das Einzelpferd, auch unter Berücksichtigung des ermittelten täglichen Zeitbudgets des Pferdes, unter den beschriebenen Umständen in der Lage ist, die arteigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Die Einschränkungen können zu einer Verminderung des Tierwohlbefindens führen.