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Für die Herdengesundheit und -produktivität ist eine bedarfsgerechte Versorgung mit Spurenelementen essenziell. Die Diagnostik der Spurenelementversorgung ist allerdings mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Diese betreffen besonders die Wahl des geeigneten diagnostischen Probenmediums und die jeweils anzuwendenden Referenzbereiche. Ziel dieser Arbeit ist es, eine Empfehlung für die Diagnostik der Spurenelementversorgung von Milchkühen zu erarbeiten. Zu diesem Zweck wurde auf 20 Milchviehbetrieben in den neuen Bundesländern Probenmaterial von jeweils sieben Kühen aus den Laktationsabschnitten Frischmelker (0 bis 7 Tage p. p.), Hochlaktation (105 bis 126 Tage p. p.) und Spätlaktation (308 bis 329 Tage p. p.) genommen. Insgesamt standen 418 klinisch unauffällige Milchkühe zur Verfügung. In den gewonnenen Probenmaterialien Serum, Plasma, Vollblut, Harn, Leber und Haar wurden die Konzentrationen von Cu, Mo, Fe, Zn, Mn und Se mittels optischer Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES) bestimmt. Zusätzlich wurden Tränkewasser- und Futterrationsanalysen vorgenommen. Neben den in den Einzelproben analysierten Spurenelementkonzentrationen wurden Poolproben aus gleichen Volumina der sieben Einzelproben der einzelnen Laktationsgruppen gebildet und analysiert. Des Weitern wurden arithmetische Mittelwerte aus den Einzelprobenkonzentrationen der jeweiligen Laktationsgruppen errechnet. In dieser Untersuchung konnten, mit Ausnahme des Zusammenhangs zwischen den Serum- und Plasmakonzentrationen der einzelnen Spurenelemente, keine engen Korrelationen (r > 0,7) zwischen den unterschiedlichen Probenmedien beobachtet werden. Die Variabilität der Ergebnisse der Korrelationsanalyse ist der elementspezifischen Spurenelementkinetik und statusunabhängigen Faktoren (Akute-Phase-Reaktion) zuzuordnen. Zwischen den Laktationsabschnitten konnten signifikante Konzentrationsunterschiede in den Substraten Serum und Plasma (Ausnahme Mo) sowie Harn und Leber ermittelt werden. Die Laktationsdynamik der Cu-, Fe- und Zn-Konzentrationen im Serum und Plasma und der Fe- und Zn-Konzentrationen im Lebergewebe lässt darauf schließen, dass die abkalbungsinduzierte Akute-Phase- Reaktion einen maßgeblichen Einfluss auf die Konzentrationsverteilungen dieser Spurenelemente bei den Frischmelkerkühen ausübt. Aufgrund dieser Situation ist die Aussagesicherheit dieser Substratkonzentrationen über die Versorgungssituation im frühen postpartalen Zeitraum und grundsätzlich bei allen Krankheitsgeschehen, die mit dem Ablauf einer Akute-Phase-Reaktion einhergehen, als gering einzuschätzen. Weiterhin wurde festgestellt, dass im Verlauf der Laktation die Konzentration der untersuchten Spurenelemente im Vollblut nur partiell (Cu, Mn) und im Haar nicht signifikant variieren. Die Bland-Altman-Methodenvergleiche zwischen den gepaarten Serum- und Plasmaspurenelementkonzentrationen zeigten, dass Serumwerte, mit Ausnahme von Mo, im Mittel signifikant niedriger sind als die entsprechenden Plasmakonzentrationen und dass eine erhebliche Streuung der einzelnen Differenzen der beiden Messgrößen vorliegt. Dieses bedeutet, dass das Plasma bevorzugt in der Praxis einzusetzen ist, da es keinem artifiziell bedingten Gerinnungsverlust unterliegt. Die Bland-Altman-Methodenvergleiche zwischen den gepaarten Gruppenmittel- und Poolwertspurenelementkonzentrationen des Plasmas (Cu, Mo, Fe, Zn, Mn, Se) und Vollbluts (Mn, Se) zeigten, dass die mittleren Konzentrationen der beiden Messgrößen, mit Ausnahme der Vollblutmangankonzentrationen, sich nicht signifikant unterscheiden. Allerdings liegt nur eine geringe Übereinstimmung zwischen den beiden Parametern vor. Hieraus lässt sich folgern, dass präanalytische Variabilitätsfaktoren und die Messgenauigkeit der Spurenelementanalyse an sich grundsätzliche Problemfelder in der Spurenelementdiagnostik darstellen. Ferner wurden Referenzbereiche aus dem vorhandenen Datenmaterial ermittelt, aus denen in Verbindung mit der Literatur Referenzbereichsvorschläge für praxisrelevante Substratkonzentrationen entwickelt wurden. Von der differenzierten Verwendung von Referenzbereichen für Einzel- und Stichprobenmittelwerte (Gruppenmittel- und Poolwerte) bis zu einer Stichprobengröße von n = 7 kann abgesehen werden. Zur Diagnostik der Versorgungslage mit Cu und Se lassen sich eindeutige Empfehlungen geben. Im ersterem Fall ist das Lebergewebe und im letzteren Fall das Plasma Medium der Wahl. Zur Diagnostik der Spurenelementversorgung mit Mo, Fe, Zn und Mn sind eindeutige Empfehlungen schwierig vorzunehmen, da das Aussagevermögen bzw. die Aussagesicherheit der verfügbaren diagnostischen Indikatoren über den Versorgungsstatus begrenzt ist. Unter realistischen Fütterungsbedingungen ist davon auszugehen, dass die Bestimmung des Rationsgehalts dieser Spurenelemente ausreichend Information zur Beurteilung der Versorgungslage erbringt.