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Um die Frage zu beantworten, ob es bei der Herstellung von Tiefkühlprodukten durch industriell übliche Tiefgefrierverfahren sowie anschließende Gefrierlagerung zu einer signifikanten Reduktion der in den Lebensmitteln befindlichen Mikroorganismenflora kommt, wurden im Rahmen dieser Arbeit während einjähriger Tiefgefrierlagerung von vier handelsüblichen Tiefkühlprodukten („Porree, geschnitten“, „Champignons in Scheiben“, „Maultaschen-Gemüse-Pfanne“, „Stroganoff-Pfanne“) monatlich fünf Parallelproben quantitativ mikrobiologisch untersucht, wobei der Keimgehalt der beiden Rohgemüseprodukte auch im ungefrorenen, frischen Zustand vor dem Einfrierprozess ermittelt wurde. Durch quantitative mikrobiologische Untersuchungen des für den Endverbraucher bestimmten Produkts vor dem Tiefgefrierprozess und monatliche Untersuchungen während der Tiefkühllagerung bei einer konstanten Temperatur von -24°C, sollte der Einfluss des Gefrierprozesses, der Temperatur und Lagerdauer – unter Berücksichtigung der Art des Produktes und seiner Vorbehandlung - auf die Mikroorganismenaktivität erfasst sowie Rückschlüsse auf Absterberate und Überlebensfähigkeit der verschiedenen Bakterienarten gezogen werden. Alle untersuchten Lebensmittel gehörten jeweils einer Charge an, welche im Dezember 2007 produziert worden war. Die Fertigpackungen wurden anschließend bei einer konstanten Temperatur von -24°C über ein Jahr bei einer Tiefkühlkostvertreiberfirma gelagert und monatlich zur Untersuchung an das IfL gesendet. Bei der quantitativen mikrobiologischen Untersuchung wurden mittels des Drop-plating-Verfahrens folgende Keimgruppen erfasst: Aerobe mesophile Gesamtkeimzahl, Milchsäurebakterien, Laktobazillen, koagulase-positive Staphylokokken, Enterokokken, Listeria monocytogenes, Bacillus cereus, sulfitreduzierende anaerob wachsende Sporenbildner, Aeromonaden, Pseudomonaden, Enterobakteriazeen, coliforme Keime, E. coli, Hefen und Schimmelpilze. Die durch den Einfrierprozess erfolgte Reduktion der Mikroorganismenkeimzahl lag zwischen 0,30 und 2,25 log10 KbE/g. Im Erzeugnis „Porree, geschnitten“ wurden für alle erfassten Mikroorganismen signifikante Verringerungen der Keimzahlen erreicht, während dies im Produkt „Champignons in Scheiben“ lediglich für vier Mikroorganismenarten beobachtet werden konnte. Demnach ist während des Einfrierprozesses ein Matrixeffekt auf die Keimgruppen zu erwarten. Die einjährige Gefrierlagerung erbrachte für verschiedene Mikroorganismen signifikante Reduktionen, die bei Enterobakteriazeen und coliformen Keimen am stärksten ausfielen. Milchsäurebakterien, Laktobazillen, Pseudomonaden sowie Hefen und Schimmelpilze erwiesen sich dagegen als weniger gefrierempfindlich. In den hier durchgeführten Untersuchungen wiesen die Enterokokken eine ähnliche Widerstandsfähigkeit wie die coliformen Keime auf. Entgegen den Angaben aus der Literatur ist diese Bakteriengattung deshalb als Hygieneindikator für das Ausgangsmaterial nicht besser geeignet als die coliformen Keime. Werden der Einfluss von Einfrieren und einjähriger TK- Lagerung zusammengerechnet, so reicht die Keimzahlreduzierung nicht aus, um ein Lebensmittel vollständig zu sanieren. Alle anfangs präsenten Mikroorganismen waren zum Versuchsende noch nachweisbar. Andererseits konnten Listeria monocytogenes, Koagulase-positive Staphylokokken, Aeromonaden, Bacillus cereus sowie sulfitreduzierende anaerob wachsende Sporenbildner von Anfang an aus keiner Probe isoliert werden bzw. lag die Anzahl dieser Mikroorganismen unterhalb ihrer Nachweisgrenze von 2,30 log10 bzw. 1,00 log10 KbE/g. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit einer Wiederbelebungsstufe vor der quantitativen mikrobiologischen Routineuntersuchung tiefgefrorener Lebensmittel überprüft, weil Keime in derartigen Produkten durch Stressfaktoren wie Gefrierprozess und Tiefgefrierlagerung subletal geschädigt sein können. Da ein in der Routineuntersuchung einsetzbares Verfahren Verwendung finden sollte, wurden die Ausgangsverdünnungen von fünf Parallelproben/Produkt für 75 Minuten bei +20°C und bei +30°C inkubiert und anschließend mit der für die jeweilige Keimart spezifischen Methode weiterbearbeitet. Die ermittelten Keimzahlen wurden mit denen der direkten mikrobiologischen Untersuchung im tiefgefrorenen Zustand verglichen. Es ergaben sich je nach untersuchtem Lebensmittel signifikante Unterschiede der Keimzahlen für Milchsäurebakterien, Laktobazillen, Enterobakteriazeen, coliforme Keime und Hefen; im Produkt „Porree, geschnitten“ konnten keine signifikanten Keimzahlunterschiede ermittelt werden. Die Differenzen der Keimzahlen fielen recht niedrig aus und lagen zwischen 0,08 und 0,47 log10 KbE/g. Aus diesem Grund wird ein Resuszitationsschritt vor der Routineuntersuchung tiefgefrorener Lebensmittel als nicht notwendig erachtet. Jedoch kann eine schnell und einfach durchzuführende Wiederbelebungsstufe im Grenzfall bei bestimmten Fragestellungen - insbesondere der Absicherung von Grenzwertüberschreitungen - und Betrachtungen von Grenzwerten bzw. zur Absicherung von Ergebnissen vor allem für die Gruppe der Enterobakteriazeen sinnvoll sein.