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Der hier beschriebene Versuch wurde durchgeführt, um anhand von Temperatur-messungen und der histologischen Untersuchungen von Gefrierschnitten selektier-ter Muskelstellen die Schwellenwerte für das Auftreten von HF-induzierten ther-mischen Schäden beim Schwein als Modelltier im MRT zu definieren. Die hierbei verwendeten Messgrößen waren die Spezifische Absorptionsrate (SAR), die Zeit während der das Gewebe auf 43 ºC erwärmt wird (engl. Cumulative Equivalent Minutes at 43 ºC-CEM 43) und die Maximaltemperatur (T_max).
Dafür wurden 11 Schweine der deutschen Landrasse unter intravenöser Anästhesie in einem Birdcage Resonator mit ~123 MHz im Quadraturmodus einer Ganzkörper-SAR von 2,5-5,2 W/kg über 30-60 min exponiert. Zusätzlich dienten drei Schweine als Kontrollgruppe. An vorher am Computermodell bestimmten Hotspots wurden über Temperatursonden die intramuskuläre Temperatur während der Hochfrequenzexposition erfasst und im Anschluss dort Muskelproben für die Herstellung von Gefrierschnitten entnommen. Dabei zeigte sich der Birdcage Resonator geeignet, die am Computermodell simulierten Hotspots am Tiermodell Schwein als Hochfrequenzeinfluss darzustellen, weil die Übereinstimmung von von thermischen Schäden und Hotspots 66,4 % betrug. Während der Anästhesie wurden die Schweine auf Vitalparameter untersucht und nach der Hochfrequenzexposition mittels Kaliumchlorid euthanasiert, wobei anschließend eine Überprüfung der Sondenpositionen im CT erfolgte.
Die Gefrierschnitte wurden zur morphologischen Überprüfung des thermischen Schadens mit Hämatoxylin-Eosin (HE) und für die Erfassung von Glykogenverstoffwechselung mit Periodic Acid Schiff-Reagenz (PAS) angefärbt. Eine Trichromfärbung nach Gomori ermöglichte außerdem eine Muskelfasertypendifferenzierung. Zusätzlich dienten enzymhistochemische Reaktionen zum Nachweis der zytoplasmatischen Aktivität von myofibrillärer Adenosin-Triphosphatase (mATPase) und Myophosphorylase sowie der mitochondrialen Aktivität von Succinat-Dehdrogenase (SDH) und Cytochromoxidase (COX). Die Gefrierschnitte und die histologischen Färbungen erwiesen sich als geeignet, den thermischen Schaden darzustellen.
Der thermische Schaden wurde makroskopisch als blass und zerkocht wirkende Muskulatur beschrieben. Histologisch lag ein thermischer Schaden bei Erweiterung des Extrazellulärraumes in der HE-Färbung und fehlender Glykogendarstellung in der PAS-Reaktion vor. Von 11 exponierten Schweinen wurden fünf als geschädigt eingestuft, dabei hatten zwei Schweine in allen Temperatursonden einen thermischen Schaden. Am besten war der thermische Schaden im Bereich der Temperatursonde zwei und hier besonders mit T_max und CEM 43 korrelierbar. Die Temperatursonden 8 und 11 korrelierten aufgrund größerer Abstände und Überlappungen von gesunden und geschädigten Proben weniger gut. Insgesamt fiel die Korrelation entgegen den traditionell üblichen SAR-Werten am besten mit der Maximaltemperatur aus. Demnach lag der Schwellenwert für T_max bei 45,5 °C. Die CEM 43-Werte korrelierten etwas schlechter als die T_max. Die SAR-Werte hingegen waren überhaupt nicht korrelierbar. Deshalb konnten die von der IEC aufgestellten SAR-Grenzwerte weder bestätigt noch widerlegt werden. Die von der IEC zugelassene Maximaltemperatur wurde jedoch deutlich überschritten. Aufgrund fehlender Grenzwerte für das CEM 43-Konzept konnten die ermittelten CEM 43-Werte nicht eingeordnet werden. Insgesamt zeigt sich, dass T_max gefolgt von CEM 43 im M. longissimus den besten Schwellenwert für thermische Schäden beim Schwein darstellt.
Die Manifestierung des thermischen Schadens in der Muskulatur wird höchstwahrscheinlich durch den überwiegenden Anteil an weißen Muskelfasern und die geringere Kapillarisierung im Vergleich zum Menschen hervorgerufen. So kann die unter dem HF-Einfluss in der Muskulatur entstehende Wärme schlecht über die wenigen Kapillaren an das kaum leitende Fettgewebe abgegeben werden. Dieser Umstand wird durch die fehlende Möglichkeit zum Schwitzen verstärkt. Dazu kommen die beim Schwein kleinere Lunge und Alveolaroberfläche, die geringere Atemtiefe und das niedrigere relative Herzgewicht. So ist die Wärmeabgabe aufgrund schlechterer Thermoregulation viel geringer und die Gefahr einer Hyperthermie aufgrund der bereits um 1 ºC physiologisch höheren Körpertemperatur viel höher. Denkbar ist die Entstehung des thermischen Schadens aufgrund der direkten Einwirkung der Hochfrequenzstrahlung, wobei auch für genetisch nicht prädisponierte Schweine die maligne Hyperthermie in Betracht zu ziehen ist. Die in der Humanmedizin gemeldeten HF-Verbrennungen liegen bei über einer Million im MRT untersuchten Menschen im ppm-Bereich, im Verhältnis zu knapp 50% geschädigten Schweinen in diesem Versuch. Deshalb ist aufgrund des insgesamt sehr viel häufigeren thermischen Schadens bei diesen Schweinen von einer Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen abzusehen. Dadurch erscheint das Schwein für thermische Versuche unter ähnlichen Fragestellungen als Versuchstier eher zu Simulierung von Worst Case Situationen mit eingeschränkter Thermoregulation geeignet.