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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Wildvogelmonitoring in Brandenburg zum Nachweis aviärer Influenzaviren unter besonderer Berücksichtigung einer Sentinelanlage (2012)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Albrecht, Kerstin (WE 7)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2012 — 203 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-127-7
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8944
    Kontakt
    Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen

    Robert-von-Ostertag-Str. 7-13
    14163 Berlin
    +49 30 838 51843 / 66949
    mikrobiologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Aviäre Influenzaviren (AIV) kommen weltweit bei Vögeln, verschiedenen Säugetierarten und dem Menschen vor. Niedrigpathogene AIV (NPAIV) der Subtypen H5 und H7 können auf Grund einer starken Mutationsneigung von Influenzaviren hochpathogene Eigenschaften entwickeln. Von bestimmten Virusstämmen geht zudem ein zoonotisches Potential aus. Infektionen mit dem hochpathogenen AIV (HPAIV) des Subtyps H5N1 führten so in den letzten Jahren zu mehreren hundert Erkrankungen und Todesfällen beim Menschen. NPAIV sind in der Wildvogelpopulation, insbesondere bei Wasservögeln, weit verbreitet. Jedoch fanden sich seit dem Auftreten einer hochpathogenen Variante des Subtyps H5N1 seit 2005 auch bei Wildvögeln zahlreiche Infektionen bei unterschiedlicher Empfänglichkeit der einzelnen Spezies. Von diesem Wirtsreservoir geht eine mögliche Gefahr für AIV-Infektionen beim Nutzgeflügel mit der Folge von drastischen tierseuchenrechtlichen Maßnahmen und immensen wirtschaftlichen Folgen aus, wenn auch die Rolle von Wildvögeln im Rahmen der HPAI nach wie vor umstritten ist. Nicht nur HPAIV-Infektionen, sondern auch NPAIVInfektionen der Subtypen H5 und H7 sind europaweit bekämpfungspflichtig. Um Daten für genauere Risikoabschätzungen zu gewinnen, wurden zunächst freiwillige und anschließend rechtlich verbindliche Vorgaben zur Überwachung des Vorkommens von AIV bei Wildvögeln erarbeitet. Entsprechend verfeinerter Risikoeinschätzungen wurden bestimmte Arten insbesondere der Ordnungen Anseriformes und Charadriformes bevorzugt in das Überwachungsprogramm einbezogen. In Umsetzung dieser Vorgaben fand in Brandenburg ein Wildvogelmonitoring statt, welches in dieser Arbeit über einen Zeitraum von 2006-2010 ausgewertet wurde.
    Insgesamt gelangten 8.290 Wildvögel aus 139 heimischen Arten aus 43 Familien zur Untersuchung, von denen Organe aus Tierkörpern, Rachen- und Kloakentupfer oder Kot auf AIV getestet wurden. Den größten Anteil am Untersuchungsgut machten Entenvögel mit mehr als 35% der Gesamtzahl aus. Bei 21 Vögeln, vorwiegend Schwänen, wurde eine HPAIV H5N1-Infektion mit dem Stamm „Asia“ im Zusammenhang mit europaweiten Ausbrüchen dieses Erregers bei Wildvögeln im Frühjahr 2006 festgestellt. Danach gab es in Brandenburg keine weiteren Nachweise von HPAIV. In 90 Fällen konnten NPAIV innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren von 2006-2010 diagnostiziert werden, darunter auch AIV der Subtypen H5 und H7. Die Stockente war die Spezies mit der höchsten Prävalenz gefolgt von der Blessralle. Von NPAIV-Infektionen waren die Arten der Ordnungen Anseriformes (Entenvögel), Podicipediformes (Lappentaucher), Gruiformes (Kranichvögel), Accipitriformes (Greifvögel) und Strigiformes (Eulen) betroffen. Es zeigten sich deutliche Unterschiede im Verteilungsmuster der NPAIV im Hinblick auf den zeitlichen Verlauf sowohl in den einzelnen Monaten als auch zwischen den Jahren sowie in verschiedenen Regionen. Die meisten AIVInfektionen fanden sich von Spätsommer bis in den Winter hinein und insbesondere in dem im Landkreis Spree-Neiße gelegenen Ramsargebiet Peitzer Teiche.
    Ergänzt wurde das Wildvogelmonitoring durch Untersuchungen an Stockenten (Anas plathyrhynchos), die über einen Zeitraum von Oktober 2008 bis Oktober 2010 in einer Anlage am Felchowsee im Landkreis Uckermark bei ständigem Kontakt zu Wildvögeln der dortigen Population gehalten wurden (Sentinel-Stockenten). Eine Beprobung der Sentinels fand aller zwei Wochen (Tupfer für den AIV-Nachweis) bzw. aller vier Wochen (Blut für den AI-Antikörpernachweis) statt. Es konnten bei einer wesentlich höheren Nachweisrate als im flächendeckenden Wildvogelmonitoring zahlreiche AIV verschiedener Subtypen nachgewiesen werden. AI-Antikörper wurden bereits zwei Wochen nach dem Einsetzen der Stockenten festgestellt, deren Seroprävalenz zwei Wochen bis mehrere Monate anhielt. Jedoch ließ sich nur bei einem Tier mittels Hämagglutinationshemmungstest die Subtypspezifität der Antikörper (H7) bestimmen.
    Insgesamt konnte durch das Wildvogelmonitoring ein Überblick über die im Land Brandenburg vorkommenden AIV erzielt werden. Die Untersuchungszahlen reichten jedoch bei bestimmten Spezies, in verschiedenen Monaten und Regionen nicht immer aus, um Ausschlussbewertungen von AIV-Infektionen statistisch gesichert vornehmen zu können. Die erzielten Daten zeigen, dass die Beprobung von verendeten Tierkörpern (passives Monitoring) gegenüber der Untersuchung lebender Vögel (aktives Monitoring) bezüglich des Nachweises von HPAIV in Wildvögeln klar überlegen ist. Das aktive Monitoring dient dagegen vor allem der Detektion von NPAIV. Die Konzentration auf bestimmte Vogelarten (Stockenten, Blessrallen), Regionen (Feuchtgebiete, hier: insbesondere Region der Peitzer Teiche und Havelseen), Monate (September, Oktober und Januar bis März) und Beprobungsmodi (Jagdstrecke Stockenten) könnte zu einer Erhöhung der Effektivität der Überwachung führen. Zudem scheint das Betreiben von Sentinelanlagen im Hinblick auf Erkenntnisse zum Verlauf von AIV-Infektionen einschließlich einer Serokonversion über einen längeren Zeitraum in einem bestimmten Ökosystem als kostengünstige Alternative zum sonstigen Monitoring sinnvoll.