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Einführung: Die Inkubationszeit für Hühnerembryonen beträgt 21 Tage (D). Ausgangspunkt für die Untersuchungen war einerseits das gegenläufige Verhalten von sinkender Herzfrequenz bis zum D 20 und andererseits von steigender Noradrenalinkonzentration (NA)im Blutplasma bis D 20.
Es wurden folgende Fragen formuliert:
1. Was ist die Ursache für das gegenläufige Verhalten von NA und Herzfrequenz auf zellulärer Ebene?
2. Welchen Einfluss hat die Temperatur auf diesen Vorgang?
3. Welche biologische Bedeutung kann dieser Vorgang haben?
Material und Methoden: Für die Versuche wurden embryonierte Eier der Rasse weißes Leghorn verwendet. Die Kontroll-Gruppe wurde kontinuierlich bei 37,5°C bebrütet. Die Embryonen der beiden Versuchsgruppen wurden bis zum D14 bei Normaltemperatur (37,5°C) inkubiert. Ab D14 wurde eine Änderung der Bruttemperatur vorgenommen und zwar eine Erhöhung auf 38.5°C in der Warmgruppe und eine Erniedrigung auf 35,0°C in der Kaltgruppe.
Die Blutentnahme für die Hormonbestimmung erfolgte am D 18 ( 5 Tage kalt bzw. warm inkubiert) und am D 20 (7 Tage kalt bzw. warm inkubiert). Für vergleichende Messungen erfolgte die Blutentnahme am D 18 und 20 auch bei der Kontroll-Gruppe (kontinuierlich 37,5°C ). Die Messung des NA erfolgte mittels HPLC.
Im zweiten Versuch galten gleiche Inkubationsbedingungen. Am jeweiligen Endtag der Inkubation wurden die embryonalen Herzen entnommen Die Herzmuskelzellen wurden isoliert. Sie wurden dann sowohl bei der Kontoll- als auch der Warm- und Kaltgruppe mittels Isoprenalin stimuliert und der Anstieg an cAMP bestimmt.
Ergebnisse: Der NA-Gehalt im Blutplasma der Embryonen zeigt einen altersabhängigen Anstieg zwischen D18 und D20 (12ng/ml bis 38ng/ml). Er fiel in der Warm- und Kontrollgruppe stärker aus als in der Kaltgruppe.
Der absolute cAMP - Gehalt in den embryonalen Herzmuskelzellen sank von D18 bis D20. Eine Stimulation der Herzmuskelzellen mittels Isoprenalin führte am D 18 (120%) zu einem höheren prozentualem Anwachsen an cAMP als am D20 (55%). Am D 20 ist interessanterweise eine Unterscheidung zwischen Warm- und Kaltgruppe aufgetreten. Die Herzmuskelzellen der Kaltgruppe wiesen nach Stimulation mittels Isoprenalin einen höheren prozentualen Zuwachs an cAMP auf (60%) als die Herzmuskelzellen der Warmgruppe(20%).
Schlussfolgerungen: Steigende NA–Werte am D 20 treffen auf absinkende Herzfrequenz und cAMP-Werte. Mit abnehmender Herzfrequenz steigt der zeitliche Anteil der Diastole relativ zur Systole. Damit verbessert sich die O2-Versorgung des Herzens in der Zeit des begrenzten Sauerstoffangebotes vor dem Schlupf. Die sympathische Ansprechbarkeit sinkt zum D 20 in Abhängigkeit von der Temperatur. In der Warmgruppe treten am D 20 hohe NA-Konzentrationen auf, eine weitere sympathische Stimulierung ist nur geringgradig möglich (c AMP-Werte steigen um 20%). In der Kaltgruppe werden höchste cAMP -Zuwächse (aber geringste NA-Werte) am D 20 erzielt. Diese unterschiedliche sympathische Ansprechbarkeit am D 20 in der Warm- und Kaltgruppe schützt das Herz bei hoher Temperatur (sinkende Empfindlichkeit der NA-Rezeptoren) und aktiviert das Herz bei niedriger Temperatur (steigende Empfindlichkeit der NA-Rezeptoren).