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Tibiafrakturen sind oft Hochenergietraumata, die mit Knochenverlust einhergehen können (Markmiller et al., 2000) und betreffen dadurch häufig junge, aktive Menschen (Ong et al., 2002). Diese Patienten verlangen heutzutage eine schnelle Rehabilitation ohne Funktionsverlust. Diese Entwicklung und die Tatsache, dass trotz aller Fortschritte im klinischen Alltag in bis zu zwanzig Prozent der Frakturtherapien immer noch Heilungsstörungen auftreten, rechtfertigen auch heutzutage noch eine intensive unfallchirurgische Forschung zur Verbesserung der Frakturheilung (Haas, 2000). Wenn Tibiafrakturen chirurgisch versorgt werden, sind zwei der gebräuchlichsten Osteosynthesen die Implantierung eines Marknagels oder ei-nes Fixateurs externe (Haas et al., 1993; Höntzsch, 1997; Stürmer, 1996 a; Wu et al., 1984). Die unaufgebohrte Marknagelung ist ursprünglich nicht als lasttragendes Implantat entworfen (Küntscher, 1965; Markmiller et al., 2001). Dennoch wird der Marknagel heutzutage klinisch auch zur Versorgung von Frakturen mit Knochenverlust und somit fehlender kortikaler Abstützung herangezogen (Bhandari et al., 2001; Runkel, 1999; Schandelmaier et al., 1997 b). Welche Folgen diese Ausweitung der initialen Indikationsstellung hat, ist bisher nicht untersucht. Der Fixateur externe lässt sehr viel Gestaltungsfreiheit, auch bezüglich der Montageebene, zu. Diese ist in der Klinik durch anatomische Begebenheiten diktiert (Anderson et al., 1996; Claes, 1990), wird aber auch durch frakturbegleitende Weichteiltraumata bestimmt (Anderson et al., 1996). Ob und inwiefern sich die Montageebene auf die Heilung auswirkt, ist unklar. Deshalb wurde in der präsentierten Studie zusätzlich zum Vergleich des Marknagels mit dem Fixateur externe noch der Einfluss der Montageeben des externen Fixateurs auf die Frakturheilung untersucht. Es wurden ein Marknagel (UTN), ein medial montierter mono-lateraler Fixateur externe und ein identisches Pendant um 45 ° nach kranial verlagert bezüglich ihres Heilungspotentials miteinander verglichen. Die drei beschriebenen Implantate wurden im Schaf im standardisierten Tibia-Defektmodell, um die fehlende kortikale Abstützung zu erzielen, angewendet. Das nach neunwöchiger Ausheilungszeit resultierende Kallusgewebe wurde biomechanisch, radiologisch und histologisch/histomorphometrisch bewertet und verglichen. Dabei zeigten die externen Fixateure nach neun Wochen eine deutlich fortgeschrittene Heilung. Der Vergleich der beiden Fixateure untereinander zeigte einige wenige Unterschiede. Jedoch waren beide Fixateurgruppen in ihrer Heilung so weit fortgeschritten, dass die Systeme als gleichwertig zur Unterstützung der Knochenheilung betrachtet werden konnten. Das Kallusgewebe der Fixateurtiere war biomechanisch deutlich stabiler als dasjenige der mit einer UTN versorgten Tibiae, auch das radiologische Ausheilungsergebnis war deutlich besser. Im histologischen und histomorphometrischen Vergleich wiesen die mit einem Fixateur externe versorgten Tibiae einen überwiegend knöchernen Kallus mit geringem Bindegewebsanteil ohne Knorpel auf, der sich bereits in der Remodelingphase befand. Die mit einer UTN therapierten Tibiae hingegen zeigten einen Kallus, der etwa hälftig aus Bindegewebe und Knochen bestand, Knorpel war nur wenig vorhanden. Das histologische Bild war geprägt durch schwere Umbauprozesse an der gesamten Kortikalis mit Bildung von bindegewebigem Ersatzgewebe und die Erweiterung des Osteotomiespalts bei häufig fehlender knöcherner Überbrückung. Während beide Fixateure in dieser Studie exzellente Ausheilungsergebnisse zeigten, schien die UTN nicht das geeignete Mittel, die Knochenheilung im gewählten Defektmodell zu unterstützen. Ob das am Tiermodelldesign oder am Implantat selber lag, konnte nicht abschließend geklärt werden. Diese Unklarheit ändert allerdings nichts an der deutlich schnelleren und besseren Heilung der Tibiaosteotomie unter dem externen Fixateur.