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Gegenstand und Ziel: Vergleichende Beurteilung des Säuren-Basen-Status (SBS) mit dem Henderson-Hasselbalch-(HH-)-Modell und der Stewart-Variablen PCO2, [strong ion difference = SID] und [Acid total = Atot]. Material und Methoden: Im arteriellen und venösen Blut wurden von 38 klinisch gesunden Pferden Referenzwerte der Stewart-Variablen ermittelt. Ferner wurden bei zwei erkrankten Tieren in den vor, während und nach Infusionstherapie entnommenen Blutproben die SBS-Parameter bestimmt. Im venösen Blutserum erfolgte die Analyse der Elektrolyte und des Gesamtproteins inklusive seiner Fraktionen. Ergebnisse: Referenzbereiche (x 1,96 s) für die Stewart-Variablen von den klinisch gesunden Pferden: PvCO2 = 5,0-7,3 kPa, Serum-[SID3] = 38,5-45,1 mmol/l bzw. -[SID4] = 37,7-44,2 mmol/l, Serum-[Atot1] = 11,7-17,3 mmol/l bzw. -[Atot2] = 11,5-15,4 mmol/l. Der aus den Stewart-Variablen kalkulierte pH war 0,06 Einheiten alkalischer als der gemessene Blut-pH. Patient 1 (chronische respiratorische Erkrankung) wies vor Infusion keinen veränderten SBS auf. Während und nach Hyperinfusion von 30 l isotoner NaCl-Lösung binnen 3 h kam es im venösen Blut zu folgenden Reaktionen: pH, [HCO3?], [BE] (= HH-Parameter); [SID3, 4] und [Atot1, 2] (= Stewart-Parameter). Die post infusionem (p. i.) transiente milde Azidose des Pferdes erklärt sich aus den unphysiologisch niedrigen Stewart-Variablen der 0,9%igen NaCl-Lösung mit [SID3, 4] = 0 mmol/l und [Atot1, 2] = 0 mmol/l. Das kolikkranke Pferd (Fall 2) zeigte vor Infusionsbeginn im Blut pH,[HCO3?], [BE], PCO2 und [SID4], was eine metabolische Azidose mit respiratorischer Kompensation signalisiert. Die Infusion von 12 l Ringerlösung ([SID3, 4] = ?4,5 mmol/l, [Atot1, 2] = 0 mmol/l) bewirkte 1 h p. i. den [SID3, 4] (= azidotische Reaktion) und den [Atot1, 2] (= basische Reaktion). Klinische Relevanz: Anhand der HH-Parameter lassen sich SBS-Störungen hinsichtlich Azidämie oder Alkalämie sowie respiratorisch verursachter Imbalancen eindeutig diagnostizieren. Für die bei Tieren häufigeren nichtrespiratorischen (= metabolischen) Azidosen bzw. Alkalosen leisten die Stewart-Variablen ([SID], [Atot]) wertvolle Hilfe bezüglich Ursachenaufklärung, wie Imbalancen der Elektrolyte oder Proteine, und. ermöglicht so eine gezielte Auswahl von geeigneten Korrekturlösungen bei der Flüssigkeitstherapie.