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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Quantifizierung der Angiogenese und Antiangiogenese in vitro (2004)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Bahramsoltani, Mahtab (WE 1)
    Quelle
    Berlin: Mensch & Buch Verl., 2004 — 224 Seiten
    ISBN: 3-89820-670-X
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/6193
    Kontakt
    Institut für Veterinär-Anatomie

    Koserstr. 20
    14195 Berlin
    +49 30 838 53555
    anatomie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Angiogenese, die Sprossung von Kapillaren aus bereits vorhandenen Blutgefäßen, ist eine Voraussetzung für Wachstum und Differenzierung von Organen und Geweben. Gleichzeitig ist Angiogenese an einer Vielzahl pathologischer Prozesse, wie beispielsweise am Wachstum und der Metastasierung von Tumoren, beteiligt. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine Methode zur Quantifizierung der Angiogenese und Antiangiogenese in vitro zu etablieren, die als Ersatz- und Ergänzungsmethode zum Tierversuch alle Phasen der angiogenen Kaskade umfasst. Des weiteren sollte diese routinemäßig von verschiedenen Untersuchern und mit einem vertretbaren Zeit- und Kostenaufwand durchgeführt werden können. Hierfür wurden Endothelzellen aus dem bovinen Corpus luteum in vitro mit einem Selektivmedium zur Angiogenese stimuliert und phasenkontrastmikroskopisch untersucht. Dabei zeigten die Endothelzellen im Ablauf der Angiogenese in vitro charakteristische Veränderungen des Zellbilds in Form der Aussprossung, linearen Aneinanderreihung, Netzwerkbildung und schließlich der dreidimensionalen Organisation zu kapillarähnlichen Strukturen. Diese Phasen der Angiogenese in vitro wurden anschließend anhand des phasenkontrastmikroskopischen Zellbilds in 8 definierte Stadien eingeteilt. Der Zeitbedarf dieser Stadien wurde in Tagen gemessen und zur benötigten Gesamtzeit ins Verhältnis gesetzt. Dadurch war es im Gegensatz zu den bislang aus der Literatur bekannten in vivo- und in vitro-Modellen erstmals möglich, den zeitlichen Ablauf der Angiogenese und Antiangiogenese zu quantifizieren. Zum Nachweis der Reproduzierbarkeit der Methode zur Quantifizierung der Angiogenese wurde sowohl die Einschätzbarkeit der definierten Stadien durch unterschiedliche Personen als auch die Homogenität des Ablaufs der Angiogenese in verschiedenen Kulturschalen geprüft. Dabei zeigte sich, dass die Einschätzung der Stadien der Angiogenese in vitro durch zwei verschiedene Untersucher nur geringgradigen Abweichungen unterlag und somit durch einen einzigen Untersucher durchgeführt werden kann. Die statistische Bewertung des Ablaufs der Angiogenese in verschiedenen Kulturschalen, erfasst durch die definierten Stadien, führte zu dem Ergebnis, dass eine reproduzierbare Quantifizierung der Angiogenese in diesem in vitro-Modell mit einem relativ kleinen Stichprobenumfang erfolgen kann. Daher ist die Quantifizierung der Angiogenese und Antiangiogenese in diesem Modell nicht nur mit einem vertretbaren Zeitaufwand, sondern aufgrund der mittels der Standardausrüstung eines Zellkulturlabors durchführbaren Untersuchungen auch mit einem relativ geringen Kostenaufwand verbunden. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgte ein umfangreicher Vergleich der bekannten in vivo-, ex vivo- und in vitro-Modelle, die zur Identifizierung und Untersuchung pro- und antiangiogener Faktoren entwickelt wurden. Die für den Einsatz eines in vitro-Modells der Angiogenese als Ersatz- und Ergänzungsmethode zum Tierversuch erforderliche Vergleichbarkeit mit der Angiogenese in vivo wurde anhand der Untersuchung verschiedener Charakteristika der Endothelzellen überprüft. Dabei zeigte die Morphometrie der sich in vitro gebildeten kapillarähnlichen Strukturen, dass, wie bei der Angiogenese in vivo, auch der Ablauf der Angiogenese in vitro mit der Zunahme der Länge, der von diesen Strukturen eingenommenen Fläche und der Anzahl ihrer Verzweigungspunkte einherging. Ebenso wiesen die ultrastrukturellen Veränderungen der Endothelzellen im Ablauf der Angiogenese in vitro Ähnlichkeiten zur Angiogenese in vivo auf. Diese beliefen sich unter anderem auf Änderungen der Anzahl verschiedener Zellorganellen, wie beispielsweise der Mitochondrien und des endoplasmatischen Retikulums. Vor allem aber war ein für die Differenzierung der Endothelzellen essentielles Merkmal, ihre Polarisierung in eine luminale und eine abluminale Seite des neugebildeten Gefäßes, zu erkennen. Allerdings deutete die Präsenz extrazellulärer Matrix im Inneren der kapillarähnlichen Strukturen auf eine konvertierte Polarität der Endothelzellen hin. Durch den immunzytochemischen Nachweis von Kollagen Typ IV, einem Bestandteil der Basalmembran, wurde zusätzlich dokumentiert, dass es sich bei der von den Endothelzellen sezernierten extrazellulären Matrix um eine der Basalmembran analoge Struktur handelte. Das Auftreten apoptotischer Endothelzellen, welches im Ablauf der Angiogenese in vivo ein für die Reifung und Lumenbildung der neuen Kapillare erforderliches Phänomen darstellt, wurde auch bei den in vitro kultivierten Endothelzellen beobachtet. Dabei unterlagen gemäß der "umgekehrten" Polarität vor allem die Endothelzellen, die den kapillarähnlichen Strukturen von außen auflagen und dadurch keinen Kontakt zur extrazellulären Matrix aufwiesen, dem programmierten Zelltod. Im Rahmen dieser Arbeit wurde auch die proangiogene Wirkung von VEGF und FGF-2 mit der etablierten Methode bestätigt und quantifiziert. Ein besonderer Befund war dabei, dass VEGF in vitro zur Bildung von Endothelzellsphäroiden führte, welche der Entstehung großlumiger Gefäße in vivo entsprechen. Auch wurde die in vivo beobachtete Stimulation der Chemokinese durch FGF-2 bzw. der Chemotaxis durch VEGF bestätigt. Die Untersuchung und Quantifizierung der Wirkung der Angiogenese-Inhibitoren Angiostatin und Suramin zeigte, dass sich die Antiangiogenese durch Angiostatin in einer "Umkehr" der Angiogenese ausdrückt. Suramin hingegen führte anfangs zu einem beschleunigten Ablauf der Angiogenese. Die anhaltende Inkubation resultierte jedoch letztlich in der Auflösung der endothelialen Strukturen und somit in der antiangiogenen Wirkung des Suramin. Das vorliegende Modell schafft eine Möglichkeit zur praktikablen Quantifizierung der Angiogenese bzw. Antiangiogenese in vitro. Es kann sowohl zur effektiven Beurteilung und Quantifizierung der Wirkung potentieller angiogener und antiangiogener Substanzen, wie auch zur Erforschung dabei ablaufender zellulärer und molekularer Regulations-mechanismen angewandt werden und bietet damit die Chance, Tierversuche in Zukunft zu ergänzen und zu ersetzen.